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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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den, welche der Mutter manche kleine Dienste leistete
und sich jetzt pünktlich einfand. Am Weihnachts¬
tage wird immer das erste Sauerkraut genossen,
und so wurde es auch hier aufgestellt mit schmack¬
haften Schweinsrippchen. Die Beurtheilung des¬
selben gab den Frauen einen guten Anfang zum
Gespräche. Die Wittwe war von eben so gutmü¬
thiger als polternder Gemüthsart; als hierauf eine
Pastete kam, schlug sie die Hände über dem
Kopfe zusammen und versicherte, sie esse gewiß
Nichts davon, es wäre Schade dafür. Den
Schluß machte ein gebratener Hase, den der
Oheim gesendet hatte. Diesen, ermahnte die Frau,
sollten wir unangetastet lassen und auf den
zweiten Feiertag versparen, es sei nun schon mehr
als genug; trotzdem aßen wir Alle mit trefflichem
Appetit und saßen lange bei Tisch, auf's Beste
unterhalten von der armen Frau, welche die Tisch¬
reden mit der Erzählung ihres Schicksales durch¬
flocht und die Schleusen ihres Herzens weit öff¬
nete. Sie hatte vor langer Zeit einmal ein Jahr
lang einen nichtsnutzigen Mann gehabt, der in
alle Welt gegangen mit Hinterlassung eines Soh¬

den, welche der Mutter manche kleine Dienſte leiſtete
und ſich jetzt puͤnktlich einfand. Am Weihnachts¬
tage wird immer das erſte Sauerkraut genoſſen,
und ſo wurde es auch hier aufgeſtellt mit ſchmack¬
haften Schweinsrippchen. Die Beurtheilung deſ¬
ſelben gab den Frauen einen guten Anfang zum
Geſpraͤche. Die Wittwe war von eben ſo gutmuͤ¬
thiger als polternder Gemuͤthsart; als hierauf eine
Paſtete kam, ſchlug ſie die Haͤnde uͤber dem
Kopfe zuſammen und verſicherte, ſie eſſe gewiß
Nichts davon, es waͤre Schade dafuͤr. Den
Schluß machte ein gebratener Haſe, den der
Oheim geſendet hatte. Dieſen, ermahnte die Frau,
ſollten wir unangetaſtet laſſen und auf den
zweiten Feiertag verſparen, es ſei nun ſchon mehr
als genug; trotzdem aßen wir Alle mit trefflichem
Appetit und ſaßen lange bei Tiſch, auf's Beſte
unterhalten von der armen Frau, welche die Tiſch¬
reden mit der Erzaͤhlung ihres Schickſales durch¬
flocht und die Schleuſen ihres Herzens weit oͤff¬
nete. Sie hatte vor langer Zeit einmal ein Jahr
lang einen nichtsnutzigen Mann gehabt, der in
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[334/0344] den, welche der Mutter manche kleine Dienſte leiſtete und ſich jetzt puͤnktlich einfand. Am Weihnachts¬ tage wird immer das erſte Sauerkraut genoſſen, und ſo wurde es auch hier aufgeſtellt mit ſchmack¬ haften Schweinsrippchen. Die Beurtheilung deſ¬ ſelben gab den Frauen einen guten Anfang zum Geſpraͤche. Die Wittwe war von eben ſo gutmuͤ¬ thiger als polternder Gemuͤthsart; als hierauf eine Paſtete kam, ſchlug ſie die Haͤnde uͤber dem Kopfe zuſammen und verſicherte, ſie eſſe gewiß Nichts davon, es waͤre Schade dafuͤr. Den Schluß machte ein gebratener Haſe, den der Oheim geſendet hatte. Dieſen, ermahnte die Frau, ſollten wir unangetaſtet laſſen und auf den zweiten Feiertag verſparen, es ſei nun ſchon mehr als genug; trotzdem aßen wir Alle mit trefflichem Appetit und ſaßen lange bei Tiſch, auf's Beſte unterhalten von der armen Frau, welche die Tiſch¬ reden mit der Erzaͤhlung ihres Schickſales durch¬ flocht und die Schleuſen ihres Herzens weit oͤff¬ nete. Sie hatte vor langer Zeit einmal ein Jahr lang einen nichtsnutzigen Mann gehabt, der in alle Welt gegangen mit Hinterlaſſung eines Soh¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/344>, abgerufen am 27.11.2024.