gen überdies große gläserne Kugeln herab, welche inwendig mit Herren und Damen in Reifröcken und Perrücken, auf Papier gemalt, beklebt wa¬ ren; dazwischen ein Kronleuchter, aus Hirsch¬ geweihen zusammengesetzt, und neben der Flügel¬ thür ragte eine in Holz geschnittene und bemalte Meerfrau aus der Wand, zwischen ihren Händen eine zierliche Walze haltend, über welche ehemals ein langes Handtuch gehangen wurde zu allge¬ meinem Gebrauche. Unter dem Dache fand ich eine kleine Mansarde, deren Wände mit alten Hirschfängern und Galanteriedegen, sowie mit un¬ brauchbarem Schießgewehr bedeckt waren; eine überlange spanische Klinge mit herrlich gearbeite¬ tem stählernem Griffe war ein seltenes Prachtstück und mochte schon seltsame Tage gesehen haben. Ein paar Folianten lagen bestäubt in der Ecke, in der Mitte des Zimmers stand ein mit Leder bezogener zerfetzter Lehnstuhl, so daß nur der Don Quixotte fehlte, um das Ganze zu einem Bilde zu machen. Uebrigens setzte ich mich be¬ haglich hinein und dachte an den guten Herrn, dessen Geschichte ich, unter der Leitung meines
gen uͤberdies große glaͤſerne Kugeln herab, welche inwendig mit Herren und Damen in Reifroͤcken und Perruͤcken, auf Papier gemalt, beklebt wa¬ ren; dazwiſchen ein Kronleuchter, aus Hirſch¬ geweihen zuſammengeſetzt, und neben der Fluͤgel¬ thuͤr ragte eine in Holz geſchnittene und bemalte Meerfrau aus der Wand, zwiſchen ihren Haͤnden eine zierliche Walze haltend, uͤber welche ehemals ein langes Handtuch gehangen wurde zu allge¬ meinem Gebrauche. Unter dem Dache fand ich eine kleine Manſarde, deren Waͤnde mit alten Hirſchfaͤngern und Galanteriedegen, ſowie mit un¬ brauchbarem Schießgewehr bedeckt waren; eine uͤberlange ſpaniſche Klinge mit herrlich gearbeite¬ tem ſtaͤhlernem Griffe war ein ſeltenes Prachtſtuͤck und mochte ſchon ſeltſame Tage geſehen haben. Ein paar Folianten lagen beſtaͤubt in der Ecke, in der Mitte des Zimmers ſtand ein mit Leder bezogener zerfetzter Lehnſtuhl, ſo daß nur der Don Quixotte fehlte, um das Ganze zu einem Bilde zu machen. Uebrigens ſetzte ich mich be¬ haglich hinein und dachte an den guten Herrn, deſſen Geſchichte ich, unter der Leitung meines
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0031"n="21"/>
gen uͤberdies große glaͤſerne Kugeln herab, welche<lb/>
inwendig mit Herren und Damen in Reifroͤcken<lb/>
und Perruͤcken, auf Papier gemalt, beklebt wa¬<lb/>
ren; dazwiſchen ein Kronleuchter, aus Hirſch¬<lb/>
geweihen zuſammengeſetzt, und neben der Fluͤgel¬<lb/>
thuͤr ragte eine in Holz geſchnittene und bemalte<lb/>
Meerfrau aus der Wand, zwiſchen ihren Haͤnden<lb/>
eine zierliche Walze haltend, uͤber welche ehemals<lb/>
ein langes Handtuch gehangen wurde zu allge¬<lb/>
meinem Gebrauche. Unter dem Dache fand ich<lb/>
eine kleine Manſarde, deren Waͤnde mit alten<lb/>
Hirſchfaͤngern und Galanteriedegen, ſowie mit un¬<lb/>
brauchbarem Schießgewehr bedeckt waren; eine<lb/>
uͤberlange ſpaniſche Klinge mit herrlich gearbeite¬<lb/>
tem ſtaͤhlernem Griffe war ein ſeltenes Prachtſtuͤck<lb/>
und mochte ſchon ſeltſame Tage geſehen haben.<lb/>
Ein paar Folianten lagen beſtaͤubt in der Ecke,<lb/>
in der Mitte des Zimmers ſtand ein mit Leder<lb/>
bezogener zerfetzter Lehnſtuhl, ſo daß nur der<lb/>
Don Quixotte fehlte, um das Ganze zu einem<lb/>
Bilde zu machen. Uebrigens ſetzte ich mich be¬<lb/>
haglich hinein und dachte an den guten Herrn,<lb/>
deſſen Geſchichte ich, unter der Leitung meines<lb/></p></div></body></text></TEI>
[21/0031]
gen uͤberdies große glaͤſerne Kugeln herab, welche
inwendig mit Herren und Damen in Reifroͤcken
und Perruͤcken, auf Papier gemalt, beklebt wa¬
ren; dazwiſchen ein Kronleuchter, aus Hirſch¬
geweihen zuſammengeſetzt, und neben der Fluͤgel¬
thuͤr ragte eine in Holz geſchnittene und bemalte
Meerfrau aus der Wand, zwiſchen ihren Haͤnden
eine zierliche Walze haltend, uͤber welche ehemals
ein langes Handtuch gehangen wurde zu allge¬
meinem Gebrauche. Unter dem Dache fand ich
eine kleine Manſarde, deren Waͤnde mit alten
Hirſchfaͤngern und Galanteriedegen, ſowie mit un¬
brauchbarem Schießgewehr bedeckt waren; eine
uͤberlange ſpaniſche Klinge mit herrlich gearbeite¬
tem ſtaͤhlernem Griffe war ein ſeltenes Prachtſtuͤck
und mochte ſchon ſeltſame Tage geſehen haben.
Ein paar Folianten lagen beſtaͤubt in der Ecke,
in der Mitte des Zimmers ſtand ein mit Leder
bezogener zerfetzter Lehnſtuhl, ſo daß nur der
Don Quixotte fehlte, um das Ganze zu einem
Bilde zu machen. Uebrigens ſetzte ich mich be¬
haglich hinein und dachte an den guten Herrn,
deſſen Geſchichte ich, unter der Leitung meines
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/31>, abgerufen am 11.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.