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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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Saal mit einem Kamine, viele Zimmer und
Räume und überall eine Unzahl geschwärzter Oel¬
gemälde enthielt, Thierstücke, Stillleben, Land¬
schaften und Perrückenbilder. In dieses Wesen
hinein hatte der Oheim, unter das gleiche Dach,
seine Landwirthschaft geschoben, indem er einen
Theil der Wohnung herausgebrochen, daß sich
beide Elemente, das junkerhafte und das bäuer¬
liche, verschmolzen und durch wunderliche Thüren
und Durchgänge verbanden. Aus einem mit Jag¬
den bemalten und mit alten theologischen Wer¬
ken versehenen Zimmer sah man sich, wenn man
eine Tapetenthür öffnete, plötzlich auf den Heu¬
boden versetzt, das Parket und die Decke des Ka¬
minsaales waren mit Fallthüren versehen, welche
mit Tenne und Speicher correspondirten, und ich
verwunderte mich nachher, als ich in dem kühlen
und heitern Saale meinen Sitz aufgeschlagen und
an nichts dachte, als plötzlich eine schwere Garbe
aus dem Boden stieg, an einem Seile aufgezo¬
gen, und in den Gypsblumen der Decke wieder
verschwand, wie ein Traum von den sieben fet¬
ten Jahren. Von der Decke dieses Saales hin¬

Saal mit einem Kamine, viele Zimmer und
Raͤume und uͤberall eine Unzahl geſchwaͤrzter Oel¬
gemaͤlde enthielt, Thierſtuͤcke, Stillleben, Land¬
ſchaften und Perruͤckenbilder. In dieſes Weſen
hinein hatte der Oheim, unter das gleiche Dach,
ſeine Landwirthſchaft geſchoben, indem er einen
Theil der Wohnung herausgebrochen, daß ſich
beide Elemente, das junkerhafte und das baͤuer¬
liche, verſchmolzen und durch wunderliche Thuͤren
und Durchgaͤnge verbanden. Aus einem mit Jag¬
den bemalten und mit alten theologiſchen Wer¬
ken verſehenen Zimmer ſah man ſich, wenn man
eine Tapetenthuͤr oͤffnete, ploͤtzlich auf den Heu¬
boden verſetzt, das Parket und die Decke des Ka¬
minſaales waren mit Fallthuͤren verſehen, welche
mit Tenne und Speicher correſpondirten, und ich
verwunderte mich nachher, als ich in dem kuͤhlen
und heitern Saale meinen Sitz aufgeſchlagen und
an nichts dachte, als ploͤtzlich eine ſchwere Garbe
aus dem Boden ſtieg, an einem Seile aufgezo¬
gen, und in den Gypsblumen der Decke wieder
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[20/0030] Saal mit einem Kamine, viele Zimmer und Raͤume und uͤberall eine Unzahl geſchwaͤrzter Oel¬ gemaͤlde enthielt, Thierſtuͤcke, Stillleben, Land¬ ſchaften und Perruͤckenbilder. In dieſes Weſen hinein hatte der Oheim, unter das gleiche Dach, ſeine Landwirthſchaft geſchoben, indem er einen Theil der Wohnung herausgebrochen, daß ſich beide Elemente, das junkerhafte und das baͤuer¬ liche, verſchmolzen und durch wunderliche Thuͤren und Durchgaͤnge verbanden. Aus einem mit Jag¬ den bemalten und mit alten theologiſchen Wer¬ ken verſehenen Zimmer ſah man ſich, wenn man eine Tapetenthuͤr oͤffnete, ploͤtzlich auf den Heu¬ boden verſetzt, das Parket und die Decke des Ka¬ minſaales waren mit Fallthuͤren verſehen, welche mit Tenne und Speicher correſpondirten, und ich verwunderte mich nachher, als ich in dem kuͤhlen und heitern Saale meinen Sitz aufgeſchlagen und an nichts dachte, als ploͤtzlich eine ſchwere Garbe aus dem Boden ſtieg, an einem Seile aufgezo¬ gen, und in den Gypsblumen der Decke wieder verſchwand, wie ein Traum von den ſieben fet¬ ten Jahren. Von der Decke dieſes Saales hin¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/30>, abgerufen am 24.11.2024.