Noth angerufen hatte, wirklich da war und die Bäschen erklärten, wir würden auf den Abend Alle hingehen, um ihn zu beglückwünschen. Erst jetzt bekam ich mein Bild wieder zu sehen, wel¬ ches ganz fein eingerahmt war. An einem ver¬ dorbenen Kupferstiche hatten die Mädchen einen schmalen, in Holz auf das Zierlichste geschnitte¬ nen Rahmen gefunden, welcher wohl siebenzig Jahr alt sein mochte und eine auf einen schma¬ len Stab gelegte Reihe von Müschelchen vor¬ stellte, von denen eins das andere halb bedeckte. An der inneren Kante lief eine feine Kette mit viereckigen Gelenken herum, fast ganz frei ste¬ hend, die äußere Kante war mit einer Perlen¬ schnur umzogen. Der Dorfglaser, welcher allerlei Künste trieb und besonders in verjährten Lackir¬ arbeiten auf altmodischem Schachtelwerk stark war, hatte den Muscheln einen röthlichen Glanz gegeben, die Kette vergoldet und die Perlen ver¬ silbert und ein neues klares Glas genommen, so daß ich höchst erstaunt war, meine Zeichnung in diesem Aufputze wieder zu finden. Sie er¬ regte die Bewunderung aller ländlichen Be¬
Noth angerufen hatte, wirklich da war und die Baͤschen erklaͤrten, wir wuͤrden auf den Abend Alle hingehen, um ihn zu begluͤckwuͤnſchen. Erſt jetzt bekam ich mein Bild wieder zu ſehen, wel¬ ches ganz fein eingerahmt war. An einem ver¬ dorbenen Kupferſtiche hatten die Maͤdchen einen ſchmalen, in Holz auf das Zierlichſte geſchnitte¬ nen Rahmen gefunden, welcher wohl ſiebenzig Jahr alt ſein mochte und eine auf einen ſchma¬ len Stab gelegte Reihe von Muͤſchelchen vor¬ ſtellte, von denen eins das andere halb bedeckte. An der inneren Kante lief eine feine Kette mit viereckigen Gelenken herum, faſt ganz frei ſte¬ hend, die aͤußere Kante war mit einer Perlen¬ ſchnur umzogen. Der Dorfglaſer, welcher allerlei Kuͤnſte trieb und beſonders in verjaͤhrten Lackir¬ arbeiten auf altmodiſchem Schachtelwerk ſtark war, hatte den Muſcheln einen roͤthlichen Glanz gegeben, die Kette vergoldet und die Perlen ver¬ ſilbert und ein neues klares Glas genommen, ſo daß ich hoͤchſt erſtaunt war, meine Zeichnung in dieſem Aufputze wieder zu finden. Sie er¬ regte die Bewunderung aller laͤndlichen Be¬
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Noth angerufen hatte, wirklich da war und die
Baͤschen erklaͤrten, wir wuͤrden auf den Abend
Alle hingehen, um ihn zu begluͤckwuͤnſchen. Erſt
jetzt bekam ich mein Bild wieder zu ſehen, wel¬
ches ganz fein eingerahmt war. An einem ver¬
dorbenen Kupferſtiche hatten die Maͤdchen einen
ſchmalen, in Holz auf das Zierlichſte geſchnitte¬
nen Rahmen gefunden, welcher wohl ſiebenzig
Jahr alt ſein mochte und eine auf einen ſchma¬
len Stab gelegte Reihe von Muͤſchelchen vor¬
ſtellte, von denen eins das andere halb bedeckte.
An der inneren Kante lief eine feine Kette mit
viereckigen Gelenken herum, faſt ganz frei ſte¬
hend, die aͤußere Kante war mit einer Perlen¬
ſchnur umzogen. Der Dorfglaſer, welcher allerlei
Kuͤnſte trieb und beſonders in verjaͤhrten Lackir¬
arbeiten auf altmodiſchem Schachtelwerk ſtark
war, hatte den Muſcheln einen roͤthlichen Glanz
gegeben, die Kette vergoldet und die Perlen ver¬
ſilbert und ein neues klares Glas genommen,
ſo daß ich hoͤchſt erſtaunt war, meine Zeichnung
in dieſem Aufputze wieder zu finden. Sie er¬
regte die Bewunderung aller laͤndlichen Be¬
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/292>, abgerufen am 23.11.2024.
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