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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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nicht weiß, wie er den Abend zubringen soll;
denn ich dachte nicht daran, daß Anna, wenn
sie mich liebte, nun ja auch allein über den Berg
wanderte.

Die nächsten Tage kam sie nicht zu uns
und ich getraute mir auch nicht zum Schulmei¬
ster zu gehen; sie hatte nun ein schriftliches Ge¬
ständniß von mir in den Händen, weswegen mir
nun unser Beider Freiheit verloren und deshalb
unser Benehmen schwieriger schien, weil ich die
Gewaltsamkeit einer solchen Erklärung wohl
fühlte. Ich sehnte mich auch nicht sowohl nach
einer Erwiederung von ihrer Seite, als nach
einem schweigenden und ruhigen Einverständniß
und nach sicheren Zeichen, daß nicht etwa eine
andere Neigung in ihrem Herzchen entstanden
sei. Wie nun ein Tag nach dem anderen vor¬
überging, verschwand meine vergnügte Sicherheit
wieder, besonders da ich gar keinerlei Erwähnung
und Spuren von dem Vorgange in der Laube
erfuhr, und ich war eben wieder auf dem Punkte,
in meinem Herzen trotzig zu verstocken, als der
Namenstag des Schulmeisters, welchen ich in der

nicht weiß, wie er den Abend zubringen ſoll;
denn ich dachte nicht daran, daß Anna, wenn
ſie mich liebte, nun ja auch allein uͤber den Berg
wanderte.

Die naͤchſten Tage kam ſie nicht zu uns
und ich getraute mir auch nicht zum Schulmei¬
ſter zu gehen; ſie hatte nun ein ſchriftliches Ge¬
ſtaͤndniß von mir in den Haͤnden, weswegen mir
nun unſer Beider Freiheit verloren und deshalb
unſer Benehmen ſchwieriger ſchien, weil ich die
Gewaltſamkeit einer ſolchen Erklaͤrung wohl
fuͤhlte. Ich ſehnte mich auch nicht ſowohl nach
einer Erwiederung von ihrer Seite, als nach
einem ſchweigenden und ruhigen Einverſtaͤndniß
und nach ſicheren Zeichen, daß nicht etwa eine
andere Neigung in ihrem Herzchen entſtanden
ſei. Wie nun ein Tag nach dem anderen vor¬
uͤberging, verſchwand meine vergnuͤgte Sicherheit
wieder, beſonders da ich gar keinerlei Erwaͤhnung
und Spuren von dem Vorgange in der Laube
erfuhr, und ich war eben wieder auf dem Punkte,
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[281/0291] nicht weiß, wie er den Abend zubringen ſoll; denn ich dachte nicht daran, daß Anna, wenn ſie mich liebte, nun ja auch allein uͤber den Berg wanderte. Die naͤchſten Tage kam ſie nicht zu uns und ich getraute mir auch nicht zum Schulmei¬ ſter zu gehen; ſie hatte nun ein ſchriftliches Ge¬ ſtaͤndniß von mir in den Haͤnden, weswegen mir nun unſer Beider Freiheit verloren und deshalb unſer Benehmen ſchwieriger ſchien, weil ich die Gewaltſamkeit einer ſolchen Erklaͤrung wohl fuͤhlte. Ich ſehnte mich auch nicht ſowohl nach einer Erwiederung von ihrer Seite, als nach einem ſchweigenden und ruhigen Einverſtaͤndniß und nach ſicheren Zeichen, daß nicht etwa eine andere Neigung in ihrem Herzchen entſtanden ſei. Wie nun ein Tag nach dem anderen vor¬ uͤberging, verſchwand meine vergnuͤgte Sicherheit wieder, beſonders da ich gar keinerlei Erwaͤhnung und Spuren von dem Vorgange in der Laube erfuhr, und ich war eben wieder auf dem Punkte, in meinem Herzen trotzig zu verſtocken, als der Namenstag des Schulmeiſters, welchen ich in der

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/291>, abgerufen am 23.11.2024.