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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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lachte ich eben so unbefangen, und es kam mir
nicht einmal in den Sinn, die Sache ernstlich zu
untersuchen. Ich sagte, am Ende wäre die Haupt¬
formel einer jeden Philosophie, und sei diese noch
so logisch, eine ebenso große und gräuliche Mystik,
wie die Lehre von der Dreieinigkeit, und ich wollte
von gar Nichts wissen, als von meiner persönlichen
angeborenen Ueberzeugung, ohne mir von irgend
einem Sterblichen etwas dazwischen reden zu las¬
sen. Außerdem, daß ich nicht gewußt hätte, was
ich anfangen sollte ohne Gott und ich die Ahnung
hatte, daß ich einer Vorsehung im Leben noch sehr
benöthigt sein würde, band mich ein künstlerisches
Bewußtsein an diese Ueberzeugung. Ich fühlte, daß
Alles, was Menschen zu Wege bringen, seine
Bedeutung nur dadurch hat, daß sie es zu Wege
bringen konnten, und daß es ein Werk der Ver¬
nunft und des freien Willens ist; deshalb konnte
mir die Natur, an die ich gewiesen war, auch
nur einen Werth haben, wenn ich sie als das
Werk eines mir gleichfühlenden und vorausse¬
henden Geistes betrachten konnte. Ein sonne¬
durchschossener Buchengrund konnte nur dann

lachte ich eben ſo unbefangen, und es kam mir
nicht einmal in den Sinn, die Sache ernſtlich zu
unterſuchen. Ich ſagte, am Ende waͤre die Haupt¬
formel einer jeden Philoſophie, und ſei dieſe noch
ſo logiſch, eine ebenſo große und graͤuliche Myſtik,
wie die Lehre von der Dreieinigkeit, und ich wollte
von gar Nichts wiſſen, als von meiner perſoͤnlichen
angeborenen Ueberzeugung, ohne mir von irgend
einem Sterblichen etwas dazwiſchen reden zu laſ¬
ſen. Außerdem, daß ich nicht gewußt haͤtte, was
ich anfangen ſollte ohne Gott und ich die Ahnung
hatte, daß ich einer Vorſehung im Leben noch ſehr
benoͤthigt ſein wuͤrde, band mich ein kuͤnſtleriſches
Bewußtſein an dieſe Ueberzeugung. Ich fuͤhlte, daß
Alles, was Menſchen zu Wege bringen, ſeine
Bedeutung nur dadurch hat, daß ſie es zu Wege
bringen konnten, und daß es ein Werk der Ver¬
nunft und des freien Willens iſt; deshalb konnte
mir die Natur, an die ich gewieſen war, auch
nur einen Werth haben, wenn ich ſie als das
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[260/0270] lachte ich eben ſo unbefangen, und es kam mir nicht einmal in den Sinn, die Sache ernſtlich zu unterſuchen. Ich ſagte, am Ende waͤre die Haupt¬ formel einer jeden Philoſophie, und ſei dieſe noch ſo logiſch, eine ebenſo große und graͤuliche Myſtik, wie die Lehre von der Dreieinigkeit, und ich wollte von gar Nichts wiſſen, als von meiner perſoͤnlichen angeborenen Ueberzeugung, ohne mir von irgend einem Sterblichen etwas dazwiſchen reden zu laſ¬ ſen. Außerdem, daß ich nicht gewußt haͤtte, was ich anfangen ſollte ohne Gott und ich die Ahnung hatte, daß ich einer Vorſehung im Leben noch ſehr benoͤthigt ſein wuͤrde, band mich ein kuͤnſtleriſches Bewußtſein an dieſe Ueberzeugung. Ich fuͤhlte, daß Alles, was Menſchen zu Wege bringen, ſeine Bedeutung nur dadurch hat, daß ſie es zu Wege bringen konnten, und daß es ein Werk der Ver¬ nunft und des freien Willens iſt; deshalb konnte mir die Natur, an die ich gewieſen war, auch nur einen Werth haben, wenn ich ſie als das Werk eines mir gleichfuͤhlenden und vorausſe¬ henden Geiſtes betrachten konnte. Ein ſonne¬ durchſchoſſener Buchengrund konnte nur dann

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/270>, abgerufen am 23.11.2024.