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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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daß die verkehrte Art, meine innere Muthlosigkeit
zu äußern, fast einen üblen Eindruck gemacht, so
flüchtete ich mich sobald möglich vom Tische hin¬
weg. Es läutete nun das letzte Zeichen zur
Kirche und die ganze Familie rüstete sich zum
Kirchgange. Anna zog feine glänzende Leder¬
handschuhe an und die drei Mädchen des Hauses,
welche bisher, obgleich städtisch gekleidet, wie die
Landmädchen ohne Handschuhe zur Kirche gegan¬
gen, brachten nun ebenfalls deren gestrickte aus
Seide oder Baumwolle zum Vorschein und putz¬
ten sich damit aus. Anna zeigte, als man zum
Gehen bereit war, ein gesammeltes und andäch¬
tiges Wesen, sprach nicht mehr viel und sah vor
sich nieder, und die übrigen Bäschen, welche von
jeher lachend und fröhlich zur Kirche gegangen,
gaben sich nun auch ein feierliches Ansehen, daß
ich ganz aus der Verfassung kam und nicht wußte,
wie ich mich geberden sollte. Ich stand aus Ver¬
legenheit am Ofen, obschon die junge Sommer¬
sonne auf dem Garten sich lagerte; man fragte
mich, ob ich denn nicht mitginge? worauf ich, um
endlich mir wieder etwas Geltung zu verschaffen,

daß die verkehrte Art, meine innere Muthloſigkeit
zu aͤußern, faſt einen uͤblen Eindruck gemacht, ſo
fluͤchtete ich mich ſobald moͤglich vom Tiſche hin¬
weg. Es laͤutete nun das letzte Zeichen zur
Kirche und die ganze Familie ruͤſtete ſich zum
Kirchgange. Anna zog feine glaͤnzende Leder¬
handſchuhe an und die drei Maͤdchen des Hauſes,
welche bisher, obgleich ſtaͤdtiſch gekleidet, wie die
Landmaͤdchen ohne Handſchuhe zur Kirche gegan¬
gen, brachten nun ebenfalls deren geſtrickte aus
Seide oder Baumwolle zum Vorſchein und putz¬
ten ſich damit aus. Anna zeigte, als man zum
Gehen bereit war, ein geſammeltes und andaͤch¬
tiges Weſen, ſprach nicht mehr viel und ſah vor
ſich nieder, und die uͤbrigen Baͤſchen, welche von
jeher lachend und froͤhlich zur Kirche gegangen,
gaben ſich nun auch ein feierliches Anſehen, daß
ich ganz aus der Verfaſſung kam und nicht wußte,
wie ich mich geberden ſollte. Ich ſtand aus Ver¬
legenheit am Ofen, obſchon die junge Sommer¬
ſonne auf dem Garten ſich lagerte; man fragte
mich, ob ich denn nicht mitginge? worauf ich, um
endlich mir wieder etwas Geltung zu verſchaffen,

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[234/0244] daß die verkehrte Art, meine innere Muthloſigkeit zu aͤußern, faſt einen uͤblen Eindruck gemacht, ſo fluͤchtete ich mich ſobald moͤglich vom Tiſche hin¬ weg. Es laͤutete nun das letzte Zeichen zur Kirche und die ganze Familie ruͤſtete ſich zum Kirchgange. Anna zog feine glaͤnzende Leder¬ handſchuhe an und die drei Maͤdchen des Hauſes, welche bisher, obgleich ſtaͤdtiſch gekleidet, wie die Landmaͤdchen ohne Handſchuhe zur Kirche gegan¬ gen, brachten nun ebenfalls deren geſtrickte aus Seide oder Baumwolle zum Vorſchein und putz¬ ten ſich damit aus. Anna zeigte, als man zum Gehen bereit war, ein geſammeltes und andaͤch¬ tiges Weſen, ſprach nicht mehr viel und ſah vor ſich nieder, und die uͤbrigen Baͤſchen, welche von jeher lachend und froͤhlich zur Kirche gegangen, gaben ſich nun auch ein feierliches Anſehen, daß ich ganz aus der Verfaſſung kam und nicht wußte, wie ich mich geberden ſollte. Ich ſtand aus Ver¬ legenheit am Ofen, obſchon die junge Sommer¬ ſonne auf dem Garten ſich lagerte; man fragte mich, ob ich denn nicht mitginge? worauf ich, um endlich mir wieder etwas Geltung zu verſchaffen,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/244>, abgerufen am 27.11.2024.