Schwerfälligkeit und Unkunde zu verrathen und der Scherz als eine Art Huldigung der Anna Gelegenheit geben sollte, ihre erworbene feine Bildung zu zeigen. Auch nahm sie bescheiden aber sicher an dem seltsamen Gespräche Theil und brachte ihre Reden mit artigem Accente vor, geziert mit den Wendungen wälscher Conversa¬ tion, als: En verite! voila qui est curieux! ah que c'est joliment dit! extremement, je vous dis! tenez! voyez! u. s. f., wozwischen der Oheim, seine Geistlichkeit vergessend, einige diables! einfügte. Mir waren diese Formen keineswegs geläufig und ich konnte meine Mei¬ nungen nur in stricter und nackter Uebertragung vorbringen, dazu nicht in dem lieblichsten Accente; daher sagte ich nur dann und wann oui und non oder je ne sais pas! Die einzige Redensart, welche mir zu Gebote stand, war: Que voulez-vous, que je fasse! und ich brachte diese Blüthe meh¬ rere Male an, ohne daß sie gerade paßte. Als hierüber gelacht wurde, machte mich dies trüb¬ selig und verstimmt, denn mit jedem Augenblicke, seit ich an das seidene Kleid Anna's streifte,
Schwerfaͤlligkeit und Unkunde zu verrathen und der Scherz als eine Art Huldigung der Anna Gelegenheit geben ſollte, ihre erworbene feine Bildung zu zeigen. Auch nahm ſie beſcheiden aber ſicher an dem ſeltſamen Geſpraͤche Theil und brachte ihre Reden mit artigem Accente vor, geziert mit den Wendungen waͤlſcher Converſa¬ tion, als: En vérité! voilà qui est curieux! ah que c'est joliment dit! extrèmement, je vous dis! tenez! voyez! u. ſ. f., wozwiſchen der Oheim, ſeine Geiſtlichkeit vergeſſend, einige diables! einfuͤgte. Mir waren dieſe Formen keineswegs gelaͤufig und ich konnte meine Mei¬ nungen nur in ſtricter und nackter Uebertragung vorbringen, dazu nicht in dem lieblichſten Accente; daher ſagte ich nur dann und wann oui und non oder je ne sais pas! Die einzige Redensart, welche mir zu Gebote ſtand, war: Que voulez-vous, que je fasse! und ich brachte dieſe Bluͤthe meh¬ rere Male an, ohne daß ſie gerade paßte. Als hieruͤber gelacht wurde, machte mich dies truͤb¬ ſelig und verſtimmt, denn mit jedem Augenblicke, ſeit ich an das ſeidene Kleid Anna's ſtreifte,
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Schwerfaͤlligkeit und Unkunde zu verrathen und
der Scherz als eine Art Huldigung der Anna
Gelegenheit geben ſollte, ihre erworbene feine
Bildung zu zeigen. Auch nahm ſie beſcheiden
aber ſicher an dem ſeltſamen Geſpraͤche Theil
und brachte ihre Reden mit artigem Accente vor,
geziert mit den Wendungen waͤlſcher Converſa¬
tion, als: En vérité! voilà qui est curieux!
ah que c'est joliment dit! extrèmement, je vous
dis! tenez! voyez! u. ſ. f., wozwiſchen der
Oheim, ſeine Geiſtlichkeit vergeſſend, einige
diables! einfuͤgte. Mir waren dieſe Formen
keineswegs gelaͤufig und ich konnte meine Mei¬
nungen nur in ſtricter und nackter Uebertragung
vorbringen, dazu nicht in dem lieblichſten Accente;
daher ſagte ich nur dann und wann oui und non
oder je ne sais pas! Die einzige Redensart, welche
mir zu Gebote ſtand, war: Que voulez-vous,
que je fasse! und ich brachte dieſe Bluͤthe meh¬
rere Male an, ohne daß ſie gerade paßte. Als
hieruͤber gelacht wurde, machte mich dies truͤb¬
ſelig und verſtimmt, denn mit jedem Augenblicke,
ſeit ich an das ſeidene Kleid Anna's ſtreifte,
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/241>, abgerufen am 24.11.2024.
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