Auflehnung, noch gereizter und beleidigter ant¬ wortete. Es stieg ein mächtiges Zorngewitter zwischen uns auf, wir schalten uns rücksichtslos und je mehr wir uns zugethan gewesen, mit desto mehr Aufwand und tragischen, feindlichen Worten kündeten wir uns plötzlich die Freund¬ schaft auf und bestrebten uns blindlings, Jeder der Erste zu sein, der den Andern aus seinem Gedächtniß verbanne!
Aber nicht nur seine, sondern auch meine eigenen harten Worte schnitten mir in's Herz, ich trauerte mehrere Tage lang tief und schmerzvoll, indessen ich den Geschiedenen zu gleicher Zeit noch achtete, liebte und haßte; ich empfand nun zum zweiten Male, in vorgerückterem Alter, das Weh beim Brechen einer engen Freundschaft, aber um so edler und feiner und daher schmerzvoller, als die Verhältnisse edler waren. Die innere Grund¬ losigkeit eines solchen Bruches läßt denselben um so dämonischer und einschneidender fühlen, da er durch ein feindliches unvermeidliches Schicksal herbeigeführt scheint.
In diese Bewegungen herein spielten abwech¬
Auflehnung, noch gereizter und beleidigter ant¬ wortete. Es ſtieg ein maͤchtiges Zorngewitter zwiſchen uns auf, wir ſchalten uns ruͤckſichtslos und je mehr wir uns zugethan geweſen, mit deſto mehr Aufwand und tragiſchen, feindlichen Worten kuͤndeten wir uns ploͤtzlich die Freund¬ ſchaft auf und beſtrebten uns blindlings, Jeder der Erſte zu ſein, der den Andern aus ſeinem Gedaͤchtniß verbanne!
Aber nicht nur ſeine, ſondern auch meine eigenen harten Worte ſchnitten mir in's Herz, ich trauerte mehrere Tage lang tief und ſchmerzvoll, indeſſen ich den Geſchiedenen zu gleicher Zeit noch achtete, liebte und haßte; ich empfand nun zum zweiten Male, in vorgeruͤckterem Alter, das Weh beim Brechen einer engen Freundſchaft, aber um ſo edler und feiner und daher ſchmerzvoller, als die Verhaͤltniſſe edler waren. Die innere Grund¬ loſigkeit eines ſolchen Bruches laͤßt denſelben um ſo daͤmoniſcher und einſchneidender fuͤhlen, da er durch ein feindliches unvermeidliches Schickſal herbeigefuͤhrt ſcheint.
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Auflehnung, noch gereizter und beleidigter ant¬
wortete. Es ſtieg ein maͤchtiges Zorngewitter
zwiſchen uns auf, wir ſchalten uns ruͤckſichtslos
und je mehr wir uns zugethan geweſen, mit
deſto mehr Aufwand und tragiſchen, feindlichen
Worten kuͤndeten wir uns ploͤtzlich die Freund¬
ſchaft auf und beſtrebten uns blindlings, Jeder
der Erſte zu ſein, der den Andern aus ſeinem
Gedaͤchtniß verbanne!
Aber nicht nur ſeine, ſondern auch meine
eigenen harten Worte ſchnitten mir in's Herz, ich
trauerte mehrere Tage lang tief und ſchmerzvoll,
indeſſen ich den Geſchiedenen zu gleicher Zeit noch
achtete, liebte und haßte; ich empfand nun zum
zweiten Male, in vorgeruͤckterem Alter, das Weh
beim Brechen einer engen Freundſchaft, aber um ſo
edler und feiner und daher ſchmerzvoller, als die
Verhaͤltniſſe edler waren. Die innere Grund¬
loſigkeit eines ſolchen Bruches laͤßt denſelben um
ſo daͤmoniſcher und einſchneidender fuͤhlen, da er
durch ein feindliches unvermeidliches Schickſal
herbeigefuͤhrt ſcheint.
In dieſe Bewegungen herein ſpielten abwech¬
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/223>, abgerufen am 27.11.2024.
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