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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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zurecht fand und mir was zu Gute that, in
Namen und Zeit bewandert zu sein, desto eifriger
wurde meine Besitzlust; ich kaufte anfänglich Man¬
ches für meine wenige Baarschaft, dann entdeckte
ich den verführerischen Ausweg schon früh, zu
wählen und zu bestellen und sich, von der Bereit¬
willigkeit der Handelsleute unterstützt, reichliche
Sendungen zuschicken und größere Rechnungen
anlegen zu lassen. Diese waren nun bei alledem
nie sehr bedenklich, und der Name meiner spar¬
samen Mutter gab mir einen guten Credit. Allein
da ich für mich allein handelte und meine Ein¬
käufe selbst bezahlen wollte durch verkaufte Ar¬
beiten, diesen Verkauf aber nicht einmal versuchte
und vor dem Augenblicke scheu zurückwich, wo
ich Jemanden etwas antragen sollte, ohne was
doch kein Anfang denkbar war, blieben meine
Rechnungen so lange unbezahlt, bis es den An¬
tiquaren und wunderlichen Trödelleuten endlich
auffiel und sie mich durch höfliche Briefe mahn¬
ten. Dadurch gerieth ich in tausend Aengsten,
dachte aber nur unbestimmt auf Abhülfe, bis
diese Mahnungen mir nicht mehr schrecklich wa¬

zurecht fand und mir was zu Gute that, in
Namen und Zeit bewandert zu ſein, deſto eifriger
wurde meine Beſitzluſt; ich kaufte anfaͤnglich Man¬
ches fuͤr meine wenige Baarſchaft, dann entdeckte
ich den verfuͤhreriſchen Ausweg ſchon fruͤh, zu
waͤhlen und zu beſtellen und ſich, von der Bereit¬
willigkeit der Handelsleute unterſtuͤtzt, reichliche
Sendungen zuſchicken und groͤßere Rechnungen
anlegen zu laſſen. Dieſe waren nun bei alledem
nie ſehr bedenklich, und der Name meiner ſpar¬
ſamen Mutter gab mir einen guten Credit. Allein
da ich fuͤr mich allein handelte und meine Ein¬
kaͤufe ſelbſt bezahlen wollte durch verkaufte Ar¬
beiten, dieſen Verkauf aber nicht einmal verſuchte
und vor dem Augenblicke ſcheu zuruͤckwich, wo
ich Jemanden etwas antragen ſollte, ohne was
doch kein Anfang denkbar war, blieben meine
Rechnungen ſo lange unbezahlt, bis es den An¬
tiquaren und wunderlichen Troͤdelleuten endlich
auffiel und ſie mich durch hoͤfliche Briefe mahn¬
ten. Dadurch gerieth ich in tauſend Aengſten,
dachte aber nur unbeſtimmt auf Abhuͤlfe, bis
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[206/0216] zurecht fand und mir was zu Gute that, in Namen und Zeit bewandert zu ſein, deſto eifriger wurde meine Beſitzluſt; ich kaufte anfaͤnglich Man¬ ches fuͤr meine wenige Baarſchaft, dann entdeckte ich den verfuͤhreriſchen Ausweg ſchon fruͤh, zu waͤhlen und zu beſtellen und ſich, von der Bereit¬ willigkeit der Handelsleute unterſtuͤtzt, reichliche Sendungen zuſchicken und groͤßere Rechnungen anlegen zu laſſen. Dieſe waren nun bei alledem nie ſehr bedenklich, und der Name meiner ſpar¬ ſamen Mutter gab mir einen guten Credit. Allein da ich fuͤr mich allein handelte und meine Ein¬ kaͤufe ſelbſt bezahlen wollte durch verkaufte Ar¬ beiten, dieſen Verkauf aber nicht einmal verſuchte und vor dem Augenblicke ſcheu zuruͤckwich, wo ich Jemanden etwas antragen ſollte, ohne was doch kein Anfang denkbar war, blieben meine Rechnungen ſo lange unbezahlt, bis es den An¬ tiquaren und wunderlichen Troͤdelleuten endlich auffiel und ſie mich durch hoͤfliche Briefe mahn¬ ten. Dadurch gerieth ich in tauſend Aengſten, dachte aber nur unbeſtimmt auf Abhuͤlfe, bis dieſe Mahnungen mir nicht mehr ſchrecklich wa¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/216>, abgerufen am 24.11.2024.