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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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wendung anhielt. Da jedoch die Natur nicht in
Frage kam, oder doch nur höchst überlieferungs¬
weise, so lernte ich bald, durch das endlich er¬
reichte Ziel, "mit Farben umzugehen," zu neuem
Fleiße gereizt, gefärbte Zeichnungen hervorbrin¬
gen, wie sie ungefähr als das Beste im Hause
verlangt wurden, einzig aufgehalten und behin¬
dert, wenn ich gesehene Farben der Natur, die
sich mir während des vielen Zeichnens eingeprägt
hatten, anbringen wollte und dadurch mit den
im Refectorium herkömmlichen Mitteln in Wider¬
spruch gerieth. Alsdann wurden meine Arbeiten
unrein und ungeschickt, und der Meister war
froh, mich der Unachtsamkeit und des Eigensinnes
zu beschuldigen. Noch lange, ehe das zweite be¬
dungene Jahr zu Ende war, sah ich nicht viel
mehr zu lernen, und übte mich, auf den Rath
des Lehrers, in den verschiedensten Fertigkeiten,
die dort sonst getrieben wurden. Ich radirte,
laborirte in Scheidewasser, pfuschte auf Stein
herum, fertigte schlecht gezeichnete, aber bunt¬
gemalte kleine Portraits an, half den Genossen
die Kupferdrucke färben, lernte solche verpacken

wendung anhielt. Da jedoch die Natur nicht in
Frage kam, oder doch nur hoͤchſt uͤberlieferungs¬
weiſe, ſo lernte ich bald, durch das endlich er¬
reichte Ziel, »mit Farben umzugehen,« zu neuem
Fleiße gereizt, gefaͤrbte Zeichnungen hervorbrin¬
gen, wie ſie ungefaͤhr als das Beſte im Hauſe
verlangt wurden, einzig aufgehalten und behin¬
dert, wenn ich geſehene Farben der Natur, die
ſich mir waͤhrend des vielen Zeichnens eingepraͤgt
hatten, anbringen wollte und dadurch mit den
im Refectorium herkoͤmmlichen Mitteln in Wider¬
ſpruch gerieth. Alsdann wurden meine Arbeiten
unrein und ungeſchickt, und der Meiſter war
froh, mich der Unachtſamkeit und des Eigenſinnes
zu beſchuldigen. Noch lange, ehe das zweite be¬
dungene Jahr zu Ende war, ſah ich nicht viel
mehr zu lernen, und uͤbte mich, auf den Rath
des Lehrers, in den verſchiedenſten Fertigkeiten,
die dort ſonſt getrieben wurden. Ich radirte,
laborirte in Scheidewaſſer, pfuſchte auf Stein
herum, fertigte ſchlecht gezeichnete, aber bunt¬
gemalte kleine Portraits an, half den Genoſſen
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[196/0206] wendung anhielt. Da jedoch die Natur nicht in Frage kam, oder doch nur hoͤchſt uͤberlieferungs¬ weiſe, ſo lernte ich bald, durch das endlich er¬ reichte Ziel, »mit Farben umzugehen,« zu neuem Fleiße gereizt, gefaͤrbte Zeichnungen hervorbrin¬ gen, wie ſie ungefaͤhr als das Beſte im Hauſe verlangt wurden, einzig aufgehalten und behin¬ dert, wenn ich geſehene Farben der Natur, die ſich mir waͤhrend des vielen Zeichnens eingepraͤgt hatten, anbringen wollte und dadurch mit den im Refectorium herkoͤmmlichen Mitteln in Wider¬ ſpruch gerieth. Alsdann wurden meine Arbeiten unrein und ungeſchickt, und der Meiſter war froh, mich der Unachtſamkeit und des Eigenſinnes zu beſchuldigen. Noch lange, ehe das zweite be¬ dungene Jahr zu Ende war, ſah ich nicht viel mehr zu lernen, und uͤbte mich, auf den Rath des Lehrers, in den verſchiedenſten Fertigkeiten, die dort ſonſt getrieben wurden. Ich radirte, laborirte in Scheidewaſſer, pfuſchte auf Stein herum, fertigte ſchlecht gezeichnete, aber bunt¬ gemalte kleine Portraits an, half den Genoſſen die Kupferdrucke faͤrben, lernte ſolche verpacken

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/206>, abgerufen am 24.11.2024.