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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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bilden, und belobte meine Mutter höchlich für
ihren kundgegebenen Entschluß, die nöthigen Sum¬
men hieran wenden zu wollen; denn jetzt schien
ihr der Zeitpunkt gekommen zu sein, wo die Frucht
ihrer unablässigen Sparsamkeit geopfert und auf
den Altar meiner Bestimmung mit voller Hand
gelegt werden müsse. Es ward also ein Contrakt
geschlossen auf zwei Jahre, welche ich gegen regel¬
mäßige Quartalzahlungen des Honorars im Re¬
fektorium zubringen sollte unter den zweckdienlich¬
sten Uebungen. Nach gegenseitiger Unterschreibung
desselben verfügte ich mich eines Montags Mor¬
gen in das alte Kloster und trug meine sämmt¬
lichen bisherigen Versuche und Arbeiten in bun¬
ter Mischung bei mir, um sie auf Verlangen des
neuen Meisters vorzuzeigen. Er bezeugte, indem
meine wunderlichen Blätter herumgingen, nach¬
träglich seine Zufriedenheit mit meinem Eifer und
meinen Absichten, und stellte mich dem Personale,
das sich erhoben hatte und neugierig herumstand,
als einen wahren Bestrebten vor, wie er beschaf¬
fen sein müsse schon vor dem Eintritte in eine
Kunsthalle. Sodann erklärte er, daß es ihm

II. 11

bilden, und belobte meine Mutter hoͤchlich fuͤr
ihren kundgegebenen Entſchluß, die noͤthigen Sum¬
men hieran wenden zu wollen; denn jetzt ſchien
ihr der Zeitpunkt gekommen zu ſein, wo die Frucht
ihrer unablaͤſſigen Sparſamkeit geopfert und auf
den Altar meiner Beſtimmung mit voller Hand
gelegt werden muͤſſe. Es ward alſo ein Contrakt
geſchloſſen auf zwei Jahre, welche ich gegen regel¬
maͤßige Quartalzahlungen des Honorars im Re¬
fektorium zubringen ſollte unter den zweckdienlich¬
ſten Uebungen. Nach gegenſeitiger Unterſchreibung
deſſelben verfuͤgte ich mich eines Montags Mor¬
gen in das alte Kloſter und trug meine ſaͤmmt¬
lichen bisherigen Verſuche und Arbeiten in bun¬
ter Miſchung bei mir, um ſie auf Verlangen des
neuen Meiſters vorzuzeigen. Er bezeugte, indem
meine wunderlichen Blaͤtter herumgingen, nach¬
traͤglich ſeine Zufriedenheit mit meinem Eifer und
meinen Abſichten, und ſtellte mich dem Perſonale,
das ſich erhoben hatte und neugierig herumſtand,
als einen wahren Beſtrebten vor, wie er beſchaf¬
fen ſein muͤſſe ſchon vor dem Eintritte in eine
Kunſthalle. Sodann erklaͤrte er, daß es ihm

II. 11
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[161/0171] bilden, und belobte meine Mutter hoͤchlich fuͤr ihren kundgegebenen Entſchluß, die noͤthigen Sum¬ men hieran wenden zu wollen; denn jetzt ſchien ihr der Zeitpunkt gekommen zu ſein, wo die Frucht ihrer unablaͤſſigen Sparſamkeit geopfert und auf den Altar meiner Beſtimmung mit voller Hand gelegt werden muͤſſe. Es ward alſo ein Contrakt geſchloſſen auf zwei Jahre, welche ich gegen regel¬ maͤßige Quartalzahlungen des Honorars im Re¬ fektorium zubringen ſollte unter den zweckdienlich¬ ſten Uebungen. Nach gegenſeitiger Unterſchreibung deſſelben verfuͤgte ich mich eines Montags Mor¬ gen in das alte Kloſter und trug meine ſaͤmmt¬ lichen bisherigen Verſuche und Arbeiten in bun¬ ter Miſchung bei mir, um ſie auf Verlangen des neuen Meiſters vorzuzeigen. Er bezeugte, indem meine wunderlichen Blaͤtter herumgingen, nach¬ traͤglich ſeine Zufriedenheit mit meinem Eifer und meinen Abſichten, und ſtellte mich dem Perſonale, das ſich erhoben hatte und neugierig herumſtand, als einen wahren Beſtrebten vor, wie er beſchaf¬ fen ſein muͤſſe ſchon vor dem Eintritte in eine Kunſthalle. Sodann erklaͤrte er, daß es ihm II. 11

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/171>, abgerufen am 25.11.2024.