einer katholischen Kirche, obschon ich diesen sehr gern roch.
Es ward mir kaum möglich, endlich vor einem Werke stillzustehen, und als dies geschah, da ver¬ gaß ich mich vor demselben und kam nicht mehr weg. Einige große Bilder der Genfer Schule, mächtige Baum- und Wolkenmassen in mir un¬ begreiflichem Schmelze gemalt, waren die Zier¬ den der Ausstellung, eine Menge Genrebildchen und Aquarellen reizten dazwischen als leichtes Plänklervolk, und ein paar Historien und Heili¬ genscheine wurden kalt bewundert. Aber immer kehrte ich zu jenen großen Landschaften zurück, verfolgte den Sonnenschein, welcher durch Gras und Laub spielte, und prägte mir voll inniger Sympathie die schönen Wolkenbilder ein, welche von Glücklichen mit leichter und spielender Hand hingethürmt schienen.
Ich stak, so lange es dauerte, den ganzen Tag in dem wonniglichen Saale, wo es fein und anständig herging, die Leute sich höflich be¬ grüßten und vor den glänzenden Rahmen mit zierlichen Worten sich besprachen. Nach Hause
einer katholiſchen Kirche, obſchon ich dieſen ſehr gern roch.
Es ward mir kaum moͤglich, endlich vor einem Werke ſtillzuſtehen, und als dies geſchah, da ver¬ gaß ich mich vor demſelben und kam nicht mehr weg. Einige große Bilder der Genfer Schule, maͤchtige Baum- und Wolkenmaſſen in mir un¬ begreiflichem Schmelze gemalt, waren die Zier¬ den der Ausſtellung, eine Menge Genrebildchen und Aquarellen reizten dazwiſchen als leichtes Plaͤnklervolk, und ein paar Hiſtorien und Heili¬ genſcheine wurden kalt bewundert. Aber immer kehrte ich zu jenen großen Landſchaften zuruͤck, verfolgte den Sonnenſchein, welcher durch Gras und Laub ſpielte, und praͤgte mir voll inniger Sympathie die ſchoͤnen Wolkenbilder ein, welche von Gluͤcklichen mit leichter und ſpielender Hand hingethuͤrmt ſchienen.
Ich ſtak, ſo lange es dauerte, den ganzen Tag in dem wonniglichen Saale, wo es fein und anſtaͤndig herging, die Leute ſich hoͤflich be¬ gruͤßten und vor den glaͤnzenden Rahmen mit zierlichen Worten ſich beſprachen. Nach Hauſe
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einer katholiſchen Kirche, obſchon ich dieſen ſehr
gern roch.
Es ward mir kaum moͤglich, endlich vor einem
Werke ſtillzuſtehen, und als dies geſchah, da ver¬
gaß ich mich vor demſelben und kam nicht mehr
weg. Einige große Bilder der Genfer Schule,
maͤchtige Baum- und Wolkenmaſſen in mir un¬
begreiflichem Schmelze gemalt, waren die Zier¬
den der Ausſtellung, eine Menge Genrebildchen
und Aquarellen reizten dazwiſchen als leichtes
Plaͤnklervolk, und ein paar Hiſtorien und Heili¬
genſcheine wurden kalt bewundert. Aber immer
kehrte ich zu jenen großen Landſchaften zuruͤck,
verfolgte den Sonnenſchein, welcher durch Gras
und Laub ſpielte, und praͤgte mir voll inniger
Sympathie die ſchoͤnen Wolkenbilder ein, welche
von Gluͤcklichen mit leichter und ſpielender Hand
hingethuͤrmt ſchienen.
Ich ſtak, ſo lange es dauerte, den ganzen
Tag in dem wonniglichen Saale, wo es fein
und anſtaͤndig herging, die Leute ſich hoͤflich be¬
gruͤßten und vor den glaͤnzenden Rahmen mit
zierlichen Worten ſich beſprachen. Nach Hauſe
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/162>, abgerufen am 24.11.2024.
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