det. Alles aß kräftige Hafersuppe, in welche reichlich Milch gegossen wurde; nur am obern Ende, zwischen Vater, Mutter und der ältesten Tochter, herrschte die Kaffetasse, und ich, als Gast diesem vornehmen Anhängsel beigefügt, sah mit Neid in die frische Suppenregion hinüber, wo fröhliche Witzworte getauscht wurden und die ge¬ neckten Mädchen, mit braunen Wangen und Ar¬ men, doch mit schneeweißen Hemden und Hals¬ tüchern, geschützt durch den Anstand des versam¬ melten Tisches, die vorlauten Jungen glänzend heimschickten. Doch bald brach die Gesellschaft wieder auf, um zur Arbeit auf dem fernen hei¬ ßen Felde oder in Scheunen und Stall sich zu zerstreuen. Die Auszüge des Tisches wurden in einander geschoben, daß er, eine schwere Masse glänzenden Nußbaumholzes, still in der geleerten Stube stand, bis die Hausfrau einen mächtigen Korb Hülsenfrüchte darauf schüttete, um sie für das Mittagsmahl vorzubereiten und dem Oheim kaum für seine Hefte Raum ließ, in welchen er den diesjährigen Ertrag seiner Felder eintrug, mit den früheren Jahrgängen und überdies noch
det. Alles aß kraͤftige Haferſuppe, in welche reichlich Milch gegoſſen wurde; nur am obern Ende, zwiſchen Vater, Mutter und der aͤlteſten Tochter, herrſchte die Kaffetaſſe, und ich, als Gaſt dieſem vornehmen Anhaͤngſel beigefuͤgt, ſah mit Neid in die friſche Suppenregion hinuͤber, wo froͤhliche Witzworte getauſcht wurden und die ge¬ neckten Maͤdchen, mit braunen Wangen und Ar¬ men, doch mit ſchneeweißen Hemden und Hals¬ tuͤchern, geſchuͤtzt durch den Anſtand des verſam¬ melten Tiſches, die vorlauten Jungen glaͤnzend heimſchickten. Doch bald brach die Geſellſchaft wieder auf, um zur Arbeit auf dem fernen hei¬ ßen Felde oder in Scheunen und Stall ſich zu zerſtreuen. Die Auszuͤge des Tiſches wurden in einander geſchoben, daß er, eine ſchwere Maſſe glaͤnzenden Nußbaumholzes, ſtill in der geleerten Stube ſtand, bis die Hausfrau einen maͤchtigen Korb Huͤlſenfruͤchte darauf ſchuͤttete, um ſie fuͤr das Mittagsmahl vorzubereiten und dem Oheim kaum fuͤr ſeine Hefte Raum ließ, in welchen er den diesjaͤhrigen Ertrag ſeiner Felder eintrug, mit den fruͤheren Jahrgaͤngen und uͤberdies noch
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det. Alles aß kraͤftige Haferſuppe, in welche
reichlich Milch gegoſſen wurde; nur am obern
Ende, zwiſchen Vater, Mutter und der aͤlteſten
Tochter, herrſchte die Kaffetaſſe, und ich, als Gaſt
dieſem vornehmen Anhaͤngſel beigefuͤgt, ſah mit
Neid in die friſche Suppenregion hinuͤber, wo
froͤhliche Witzworte getauſcht wurden und die ge¬
neckten Maͤdchen, mit braunen Wangen und Ar¬
men, doch mit ſchneeweißen Hemden und Hals¬
tuͤchern, geſchuͤtzt durch den Anſtand des verſam¬
melten Tiſches, die vorlauten Jungen glaͤnzend
heimſchickten. Doch bald brach die Geſellſchaft
wieder auf, um zur Arbeit auf dem fernen hei¬
ßen Felde oder in Scheunen und Stall ſich zu
zerſtreuen. Die Auszuͤge des Tiſches wurden in
einander geſchoben, daß er, eine ſchwere Maſſe
glaͤnzenden Nußbaumholzes, ſtill in der geleerten
Stube ſtand, bis die Hausfrau einen maͤchtigen
Korb Huͤlſenfruͤchte darauf ſchuͤttete, um ſie fuͤr
das Mittagsmahl vorzubereiten und dem Oheim
kaum fuͤr ſeine Hefte Raum ließ, in welchen er
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mit den fruͤheren Jahrgaͤngen und uͤberdies noch
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/14>, abgerufen am 21.11.2024.
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