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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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um die unbehülfliche Katherine herum, neckte
sie und wurde von ihr verfolgt, es entstand eine
Jagd in der Stube umher, in welche ich auch
verwickelt wurde. Die alte Katherine verlor
einen Schuh und zog sich keuchend zurück, aber
Anna ward immer wilder und behender. End¬
lich haschte ich sie und hielt sie fest, sie legte ohne
Weiteres ihre Arme um meinen Hals, näherte
ihren Mund dem meinigen und sagte leise, vom
hastigen Athmen unterbrochen:

"Es wohnt ein weißes Mäuschen
Im grünen Bergeshaus;
Das Häuslein wollte fallen,
Das Mäuslein floh daraus;"
worauf ich in gleicher Weise fortfuhr:
"Man hat es noch gefangen,
Am Füßchen angebunden
Und um die Vordertätzchen
Ein rothes Band gewunden;"
dann sagten wir Beide im gleichen Rhythmus
und indem wir uns geruhig hin und her wiegten:

"Es zappelte und schrie:
Was hab' ich denn verbrochen?
Da hat man ihm in's Herzlein
Ein goldnen Pfeil gestochen "

um die unbehuͤlfliche Katherine herum, neckte
ſie und wurde von ihr verfolgt, es entſtand eine
Jagd in der Stube umher, in welche ich auch
verwickelt wurde. Die alte Katherine verlor
einen Schuh und zog ſich keuchend zuruͤck, aber
Anna ward immer wilder und behender. End¬
lich haſchte ich ſie und hielt ſie feſt, ſie legte ohne
Weiteres ihre Arme um meinen Hals, naͤherte
ihren Mund dem meinigen und ſagte leiſe, vom
haſtigen Athmen unterbrochen:

»Es wohnt ein weißes Maͤuschen
Im gruͤnen Bergeshaus;
Das Haͤuslein wollte fallen,
Das Maͤuslein floh daraus;«
worauf ich in gleicher Weiſe fortfuhr:
»Man hat es noch gefangen,
Am Fuͤßchen angebunden
Und um die Vordertaͤtzchen
Ein rothes Band gewunden;«
dann ſagten wir Beide im gleichen Rhythmus
und indem wir uns geruhig hin und her wiegten:

»Es zappelte und ſchrie:
Was hab' ich denn verbrochen?
Da hat man ihm in's Herzlein
Ein goldnen Pfeil geſtochen «
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[119/0129] um die unbehuͤlfliche Katherine herum, neckte ſie und wurde von ihr verfolgt, es entſtand eine Jagd in der Stube umher, in welche ich auch verwickelt wurde. Die alte Katherine verlor einen Schuh und zog ſich keuchend zuruͤck, aber Anna ward immer wilder und behender. End¬ lich haſchte ich ſie und hielt ſie feſt, ſie legte ohne Weiteres ihre Arme um meinen Hals, naͤherte ihren Mund dem meinigen und ſagte leiſe, vom haſtigen Athmen unterbrochen: »Es wohnt ein weißes Maͤuschen Im gruͤnen Bergeshaus; Das Haͤuslein wollte fallen, Das Maͤuslein floh daraus;« worauf ich in gleicher Weiſe fortfuhr: »Man hat es noch gefangen, Am Fuͤßchen angebunden Und um die Vordertaͤtzchen Ein rothes Band gewunden;« dann ſagten wir Beide im gleichen Rhythmus und indem wir uns geruhig hin und her wiegten: »Es zappelte und ſchrie: Was hab' ich denn verbrochen? Da hat man ihm in's Herzlein Ein goldnen Pfeil geſtochen «

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/129>, abgerufen am 23.11.2024.