Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Kapitel.

Am frühen Morgen, als Sonnenglanz durch
das viele Laubwerk in's Zimmer drang, wurde ich
auf eigenthümliche Weise geweckt. Ein junger
Edelmarder mit zartem Pelze saß auf meine
Brust, und beschnüffelte mit den feinen hastigen
Athemstößen seiner spitzen kühlen Schnauze meine
Nase und huschte, als ich die Augen aufschlug,
unter die Bettdecke, blinzelte da und dort her¬
vor und versteckte sich wieder. Als ich aus dieser
Erscheinung nicht klug wurde, brachen meine jun¬
gen Vettern aus ihrer Schlafkammer, in wel¬
cher sie gelauscht hatten, lachend hervor, veran¬
laßten das behende Thier zu den anmuthigsten
und possierlichsten Sprüngen und erfüllten das
Zimmer mit Fröhlichkeit. Dadurch herangelockt,
drang eine Meute schöner Hunde herein, ein zah¬

II. 1
Erſtes Kapitel.

Am fruͤhen Morgen, als Sonnenglanz durch
das viele Laubwerk in's Zimmer drang, wurde ich
auf eigenthuͤmliche Weiſe geweckt. Ein junger
Edelmarder mit zartem Pelze ſaß auf meine
Bruſt, und beſchnuͤffelte mit den feinen haſtigen
Athemſtoͤßen ſeiner ſpitzen kuͤhlen Schnauze meine
Naſe und huſchte, als ich die Augen aufſchlug,
unter die Bettdecke, blinzelte da und dort her¬
vor und verſteckte ſich wieder. Als ich aus dieſer
Erſcheinung nicht klug wurde, brachen meine jun¬
gen Vettern aus ihrer Schlafkammer, in wel¬
cher ſie gelauſcht hatten, lachend hervor, veran¬
laßten das behende Thier zu den anmuthigſten
und poſſierlichſten Spruͤngen und erfuͤllten das
Zimmer mit Froͤhlichkeit. Dadurch herangelockt,
drang eine Meute ſchoͤner Hunde herein, ein zah¬

II. 1
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0011" n="[1]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b #g">Er&#x017F;tes Kapitel.</hi><lb/>
        </head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Am fru&#x0364;hen Morgen, als Sonnenglanz durch<lb/>
das viele Laubwerk in's Zimmer drang, wurde ich<lb/>
auf eigenthu&#x0364;mliche Wei&#x017F;e geweckt. Ein junger<lb/>
Edelmarder mit zartem Pelze &#x017F;aß auf meine<lb/>
Bru&#x017F;t, und be&#x017F;chnu&#x0364;ffelte mit den feinen ha&#x017F;tigen<lb/>
Athem&#x017F;to&#x0364;ßen &#x017F;einer &#x017F;pitzen ku&#x0364;hlen Schnauze meine<lb/>
Na&#x017F;e und hu&#x017F;chte, als ich die Augen auf&#x017F;chlug,<lb/>
unter die Bettdecke, blinzelte da und dort her¬<lb/>
vor und ver&#x017F;teckte &#x017F;ich wieder. Als ich aus die&#x017F;er<lb/>
Er&#x017F;cheinung nicht klug wurde, brachen meine jun¬<lb/>
gen Vettern aus ihrer Schlafkammer, in wel¬<lb/>
cher &#x017F;ie gelau&#x017F;cht hatten, lachend hervor, veran¬<lb/>
laßten das behende Thier zu den anmuthig&#x017F;ten<lb/>
und po&#x017F;&#x017F;ierlich&#x017F;ten Spru&#x0364;ngen und erfu&#x0364;llten das<lb/>
Zimmer mit Fro&#x0364;hlichkeit. Dadurch herangelockt,<lb/>
drang eine Meute &#x017F;cho&#x0364;ner Hunde herein, ein zah¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">II. 1<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[1]/0011] Erſtes Kapitel. Am fruͤhen Morgen, als Sonnenglanz durch das viele Laubwerk in's Zimmer drang, wurde ich auf eigenthuͤmliche Weiſe geweckt. Ein junger Edelmarder mit zartem Pelze ſaß auf meine Bruſt, und beſchnuͤffelte mit den feinen haſtigen Athemſtoͤßen ſeiner ſpitzen kuͤhlen Schnauze meine Naſe und huſchte, als ich die Augen aufſchlug, unter die Bettdecke, blinzelte da und dort her¬ vor und verſteckte ſich wieder. Als ich aus dieſer Erſcheinung nicht klug wurde, brachen meine jun¬ gen Vettern aus ihrer Schlafkammer, in wel¬ cher ſie gelauſcht hatten, lachend hervor, veran¬ laßten das behende Thier zu den anmuthigſten und poſſierlichſten Spruͤngen und erfuͤllten das Zimmer mit Froͤhlichkeit. Dadurch herangelockt, drang eine Meute ſchoͤner Hunde herein, ein zah¬ II. 1

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/11
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/11>, abgerufen am 22.12.2024.