Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

Diese Rede, indem sie meiner Mutter eine
ganz neue Aussicht eröffnete, warf sie gänzlich
in Ungewißheit zurück, ob sie nicht ernstlich mich
zu Aenderung meines Sinnes bestimmen solle.
Denn hier war noch mehr, als beim Fabrikan¬
ten, die Bürgschaft eines angesehenen und seiner
Worte sicheren Mannes zur Hand, welcher einen
großen Theil unserer Verhältnisse eben so klar
durchschaute als mit beherrschte und wohl im
Stande war, diejenigen über dem Wasser zu
halten, die sich seinem Rathe anvertrauten.

Sie schloß hier ihren beschwerlichen Gang und
beschrieb mir in einem großen Briefe sämmtlichen
Erfolg desselben, jedoch die Vorschläge des Fabri¬
kanten und des Staatsmannes besonders hervor¬
hebend, und ermahnte mich, meinen bestimmten
Entschluß noch hinauszuschieben und eher darauf
zu denken, auf welche Weise ich am füglichsten
im Lande bleiben, mich redlich nähren, ihr selbst
ein Trost und eine Stütze des Alters und doch
meinen natürlichen Anlagen gerecht werden könne;
denn daß sie je dazu helfen würde, mich gewalt¬
sam zu einem mir widerstrebenden Lebensberufe

Dieſe Rede, indem ſie meiner Mutter eine
ganz neue Ausſicht eroͤffnete, warf ſie gaͤnzlich
in Ungewißheit zuruͤck, ob ſie nicht ernſtlich mich
zu Aenderung meines Sinnes beſtimmen ſolle.
Denn hier war noch mehr, als beim Fabrikan¬
ten, die Buͤrgſchaft eines angeſehenen und ſeiner
Worte ſicheren Mannes zur Hand, welcher einen
großen Theil unſerer Verhaͤltniſſe eben ſo klar
durchſchaute als mit beherrſchte und wohl im
Stande war, diejenigen uͤber dem Waſſer zu
halten, die ſich ſeinem Rathe anvertrauten.

Sie ſchloß hier ihren beſchwerlichen Gang und
beſchrieb mir in einem großen Briefe ſaͤmmtlichen
Erfolg deſſelben, jedoch die Vorſchlaͤge des Fabri¬
kanten und des Staatsmannes beſonders hervor¬
hebend, und ermahnte mich, meinen beſtimmten
Entſchluß noch hinauszuſchieben und eher darauf
zu denken, auf welche Weiſe ich am fuͤglichſten
im Lande bleiben, mich redlich naͤhren, ihr ſelbſt
ein Troſt und eine Stuͤtze des Alters und doch
meinen natuͤrlichen Anlagen gerecht werden koͤnne;
denn daß ſie je dazu helfen wuͤrde, mich gewalt¬
ſam zu einem mir widerſtrebenden Lebensberufe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0101" n="91"/>
        <p>Die&#x017F;e Rede, indem &#x017F;ie meiner Mutter eine<lb/>
ganz neue Aus&#x017F;icht ero&#x0364;ffnete, warf &#x017F;ie ga&#x0364;nzlich<lb/>
in Ungewißheit zuru&#x0364;ck, ob &#x017F;ie nicht ern&#x017F;tlich mich<lb/>
zu Aenderung meines Sinnes be&#x017F;timmen &#x017F;olle.<lb/>
Denn hier war noch mehr, als beim Fabrikan¬<lb/>
ten, die Bu&#x0364;rg&#x017F;chaft eines ange&#x017F;ehenen und &#x017F;einer<lb/>
Worte &#x017F;icheren Mannes zur Hand, welcher einen<lb/>
großen Theil un&#x017F;erer Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e eben &#x017F;o klar<lb/>
durch&#x017F;chaute als mit beherr&#x017F;chte und wohl im<lb/>
Stande war, diejenigen u&#x0364;ber dem Wa&#x017F;&#x017F;er zu<lb/>
halten, die &#x017F;ich &#x017F;einem Rathe anvertrauten.</p><lb/>
        <p>Sie &#x017F;chloß hier ihren be&#x017F;chwerlichen Gang und<lb/>
be&#x017F;chrieb mir in einem großen Briefe &#x017F;a&#x0364;mmtlichen<lb/>
Erfolg de&#x017F;&#x017F;elben, jedoch die Vor&#x017F;chla&#x0364;ge des Fabri¬<lb/>
kanten und des Staatsmannes be&#x017F;onders hervor¬<lb/>
hebend, und ermahnte mich, meinen be&#x017F;timmten<lb/>
Ent&#x017F;chluß noch hinauszu&#x017F;chieben und eher darauf<lb/>
zu denken, auf welche Wei&#x017F;e ich am fu&#x0364;glich&#x017F;ten<lb/>
im Lande bleiben, mich redlich na&#x0364;hren, ihr &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ein Tro&#x017F;t und eine Stu&#x0364;tze des Alters und doch<lb/>
meinen natu&#x0364;rlichen Anlagen gerecht werden ko&#x0364;nne;<lb/>
denn daß &#x017F;ie je dazu helfen wu&#x0364;rde, mich gewalt¬<lb/>
&#x017F;am zu einem mir wider&#x017F;trebenden Lebensberufe<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0101] Dieſe Rede, indem ſie meiner Mutter eine ganz neue Ausſicht eroͤffnete, warf ſie gaͤnzlich in Ungewißheit zuruͤck, ob ſie nicht ernſtlich mich zu Aenderung meines Sinnes beſtimmen ſolle. Denn hier war noch mehr, als beim Fabrikan¬ ten, die Buͤrgſchaft eines angeſehenen und ſeiner Worte ſicheren Mannes zur Hand, welcher einen großen Theil unſerer Verhaͤltniſſe eben ſo klar durchſchaute als mit beherrſchte und wohl im Stande war, diejenigen uͤber dem Waſſer zu halten, die ſich ſeinem Rathe anvertrauten. Sie ſchloß hier ihren beſchwerlichen Gang und beſchrieb mir in einem großen Briefe ſaͤmmtlichen Erfolg deſſelben, jedoch die Vorſchlaͤge des Fabri¬ kanten und des Staatsmannes beſonders hervor¬ hebend, und ermahnte mich, meinen beſtimmten Entſchluß noch hinauszuſchieben und eher darauf zu denken, auf welche Weiſe ich am fuͤglichſten im Lande bleiben, mich redlich naͤhren, ihr ſelbſt ein Troſt und eine Stuͤtze des Alters und doch meinen natuͤrlichen Anlagen gerecht werden koͤnne; denn daß ſie je dazu helfen wuͤrde, mich gewalt¬ ſam zu einem mir widerſtrebenden Lebensberufe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/101
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/101>, abgerufen am 24.11.2024.