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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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Rechnung befunden haben. Ich verlasse mich auch
darauf; denn wenn man mit so klarem, schönem
Willen in die Welt geht, so wird man gewiß
etwas aus sich machen!"

Da die friedlich wackelnde Kutsche an einem
Haltorte der Eisenbahn angekommen war und in
demselben Augenblicke auch ein mächtiger Wagen¬
zug heran pfiff, so stiegen sie nun aus und nah¬
men Abschied, indem der Graf, seinen jungen Ge¬
fährten mit fast wehmüthiger Theilnahme ansehend,
ihm noch ein freundliches "auf's Wiedersehen"
nachrief. Heinrich drängte sich noch mit seinem
Gepäcke unter den Leuten umher, um seinen
Platz in der dritten Klasse aufzufinden, während
der vornehme Herr schon in einem bequemen und
Prächtigen Coupe der ersten Klasse sich ganz
allein ausstreckte. Er rutschte aber unruhig hin
und her und sagte zu sich selbst: Wunderliches
Verhältniß! da würde ich nun gern mit diesem
muntern Jungen weiter plaudern, aber der Unter¬
schied unserer Geldbeutel reißt uns aus einander
und ich darf ihm keinen Platz bei mir anbieten,
während ich zu weichlich bin, mich unter das

I. 6

Rechnung befunden haben. Ich verlaſſe mich auch
darauf; denn wenn man mit ſo klarem, ſchoͤnem
Willen in die Welt geht, ſo wird man gewiß
etwas aus ſich machen!«

Da die friedlich wackelnde Kutſche an einem
Haltorte der Eiſenbahn angekommen war und in
demſelben Augenblicke auch ein maͤchtiger Wagen¬
zug heran pfiff, ſo ſtiegen ſie nun aus und nah¬
men Abſchied, indem der Graf, ſeinen jungen Ge¬
faͤhrten mit faſt wehmuͤthiger Theilnahme anſehend,
ihm noch ein freundliches »auf's Wiederſehen«
nachrief. Heinrich draͤngte ſich noch mit ſeinem
Gepaͤcke unter den Leuten umher, um ſeinen
Platz in der dritten Klaſſe aufzufinden, waͤhrend
der vornehme Herr ſchon in einem bequemen und
Praͤchtigen Coupé der erſten Klaſſe ſich ganz
allein ausſtreckte. Er rutſchte aber unruhig hin
und her und ſagte zu ſich ſelbſt: Wunderliches
Verhaͤltniß! da wuͤrde ich nun gern mit dieſem
muntern Jungen weiter plaudern, aber der Unter¬
ſchied unſerer Geldbeutel reißt uns aus einander
und ich darf ihm keinen Platz bei mir anbieten,
waͤhrend ich zu weichlich bin, mich unter das

I. 6
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[81/0095] Rechnung befunden haben. Ich verlaſſe mich auch darauf; denn wenn man mit ſo klarem, ſchoͤnem Willen in die Welt geht, ſo wird man gewiß etwas aus ſich machen!« Da die friedlich wackelnde Kutſche an einem Haltorte der Eiſenbahn angekommen war und in demſelben Augenblicke auch ein maͤchtiger Wagen¬ zug heran pfiff, ſo ſtiegen ſie nun aus und nah¬ men Abſchied, indem der Graf, ſeinen jungen Ge¬ faͤhrten mit faſt wehmuͤthiger Theilnahme anſehend, ihm noch ein freundliches »auf's Wiederſehen« nachrief. Heinrich draͤngte ſich noch mit ſeinem Gepaͤcke unter den Leuten umher, um ſeinen Platz in der dritten Klaſſe aufzufinden, waͤhrend der vornehme Herr ſchon in einem bequemen und Praͤchtigen Coupé der erſten Klaſſe ſich ganz allein ausſtreckte. Er rutſchte aber unruhig hin und her und ſagte zu ſich ſelbſt: Wunderliches Verhaͤltniß! da wuͤrde ich nun gern mit dieſem muntern Jungen weiter plaudern, aber der Unter¬ ſchied unſerer Geldbeutel reißt uns aus einander und ich darf ihm keinen Platz bei mir anbieten, waͤhrend ich zu weichlich bin, mich unter das I. 6

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/95>, abgerufen am 22.11.2024.