in den Städten findet; einige Häuser erschienen so herrisch, die Gärten davor so wohlgepflegt, daß man in den Besitzern mit Recht reiche Dorf¬ magnaten vermuthete. Doch wenn auch der Eine, gleich einem Deputirten der französischen Bour¬ geoisie, im eleganten Schlafrock, die Cigarre im Munde, aus dem Fenster schaute, so stand dafür der Andere in bloßen weißen Hemdsärmeln auf der Hausflur, und seine braunen Hände verkün¬ deten, ungeachtet des städtischen Hauses, den rü¬ stigen Ackersmann, ja vor einem seiner Fenster hing zum Durchlüften die Uniform eines gemein¬ nen Soldaten, während aus der Dachluke seines Knechtes diejenige eines Unteroffiziers in der Frühlingsluft flaggte. Bei all' dieser Stattlich¬ keit war nun aber das Schulhaus doch das schönste Gebäude im Dorfe, welches in der ganzen Gegend öfter der Fall war. Auf einem freien geebneten Platze ragte es mit hohen blin¬ kenden Fenstern empor und verrieth heitere ge¬ räumige Säle; von seiner Front schimmerte in kolossalen goldenen Buchstaben das Wort Schul¬ haus. Hier, auf dem sonnigen Vorplatze und
in den Staͤdten findet; einige Haͤuſer erſchienen ſo herriſch, die Gaͤrten davor ſo wohlgepflegt, daß man in den Beſitzern mit Recht reiche Dorf¬ magnaten vermuthete. Doch wenn auch der Eine, gleich einem Deputirten der franzoͤſiſchen Bour¬ geoiſie, im eleganten Schlafrock, die Cigarre im Munde, aus dem Fenſter ſchaute, ſo ſtand dafuͤr der Andere in bloßen weißen Hemdſaͤrmeln auf der Hausflur, und ſeine braunen Haͤnde verkuͤn¬ deten, ungeachtet des ſtaͤdtiſchen Hauſes, den ruͤ¬ ſtigen Ackersmann, ja vor einem ſeiner Fenſter hing zum Durchluͤften die Uniform eines gemein¬ nen Soldaten, waͤhrend aus der Dachluke ſeines Knechtes diejenige eines Unteroffiziers in der Fruͤhlingsluft flaggte. Bei all' dieſer Stattlich¬ keit war nun aber das Schulhaus doch das ſchoͤnſte Gebaͤude im Dorfe, welches in der ganzen Gegend oͤfter der Fall war. Auf einem freien geebneten Platze ragte es mit hohen blin¬ kenden Fenſtern empor und verrieth heitere ge¬ raͤumige Saͤle; von ſeiner Front ſchimmerte in koloſſalen goldenen Buchſtaben das Wort Schul¬ haus. Hier, auf dem ſonnigen Vorplatze und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0052"n="38"/>
in den Staͤdten findet; einige Haͤuſer erſchienen<lb/>ſo herriſch, die Gaͤrten davor ſo wohlgepflegt,<lb/>
daß man in den Beſitzern mit Recht reiche Dorf¬<lb/>
magnaten vermuthete. Doch wenn auch der Eine,<lb/>
gleich einem Deputirten der franzoͤſiſchen Bour¬<lb/>
geoiſie, im eleganten Schlafrock, die Cigarre im<lb/>
Munde, aus dem Fenſter ſchaute, ſo ſtand dafuͤr<lb/>
der Andere in bloßen weißen Hemdſaͤrmeln auf<lb/>
der Hausflur, und ſeine braunen Haͤnde verkuͤn¬<lb/>
deten, ungeachtet des ſtaͤdtiſchen Hauſes, den ruͤ¬<lb/>ſtigen Ackersmann, ja vor einem ſeiner Fenſter<lb/>
hing zum Durchluͤften die Uniform eines gemein¬<lb/>
nen Soldaten, waͤhrend aus der Dachluke ſeines<lb/>
Knechtes diejenige eines Unteroffiziers in der<lb/>
Fruͤhlingsluft flaggte. Bei all' dieſer Stattlich¬<lb/>
keit war nun aber das Schulhaus doch das<lb/>ſchoͤnſte Gebaͤude im Dorfe, welches in der<lb/>
ganzen Gegend oͤfter der Fall war. Auf einem<lb/>
freien geebneten Platze ragte es mit hohen blin¬<lb/>
kenden Fenſtern empor und verrieth heitere ge¬<lb/>
raͤumige Saͤle; von ſeiner Front ſchimmerte in<lb/>
koloſſalen goldenen Buchſtaben das Wort Schul¬<lb/>
haus. Hier, auf dem ſonnigen Vorplatze und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[38/0052]
in den Staͤdten findet; einige Haͤuſer erſchienen
ſo herriſch, die Gaͤrten davor ſo wohlgepflegt,
daß man in den Beſitzern mit Recht reiche Dorf¬
magnaten vermuthete. Doch wenn auch der Eine,
gleich einem Deputirten der franzoͤſiſchen Bour¬
geoiſie, im eleganten Schlafrock, die Cigarre im
Munde, aus dem Fenſter ſchaute, ſo ſtand dafuͤr
der Andere in bloßen weißen Hemdſaͤrmeln auf
der Hausflur, und ſeine braunen Haͤnde verkuͤn¬
deten, ungeachtet des ſtaͤdtiſchen Hauſes, den ruͤ¬
ſtigen Ackersmann, ja vor einem ſeiner Fenſter
hing zum Durchluͤften die Uniform eines gemein¬
nen Soldaten, waͤhrend aus der Dachluke ſeines
Knechtes diejenige eines Unteroffiziers in der
Fruͤhlingsluft flaggte. Bei all' dieſer Stattlich¬
keit war nun aber das Schulhaus doch das
ſchoͤnſte Gebaͤude im Dorfe, welches in der
ganzen Gegend oͤfter der Fall war. Auf einem
freien geebneten Platze ragte es mit hohen blin¬
kenden Fenſtern empor und verrieth heitere ge¬
raͤumige Saͤle; von ſeiner Front ſchimmerte in
koloſſalen goldenen Buchſtaben das Wort Schul¬
haus. Hier, auf dem ſonnigen Vorplatze und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/52>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.