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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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mich ein, ihn zu besuchen und seinen Rath zu
holen, wenn ich Lust hätte, das Französische wei¬
ter zu betreiben. Ich sah ihn zwar nicht wieder
im Wechsel der Zeit, aber seine Worte gaben mir
eine gewisse Genugthuung, daß ich mich nun frei
fühlte, wie der Vogel in der Luft, zumal ich die
Bedeutung des Augenblickes und die Wichtigkeit
der Zukunft nicht zu übersehen vermochte.

Meine Mutter hingegen befand sich in großer
Bedrängniß; sie konnte bestimmt annehmen, daß
der Vater meine Schulbildung jetzt noch nicht
abgeschlossen haben würde, wenn er noch lebte,
und doch sah sie bei ihren beschränkten Mitteln
keine Möglichkeit, mir Privatlehrer zu halten oder
mich auf eine auswärtige Schule zu schicken, noch
konnte sie sich den Beruf denken, welchen ich nun
am besten ergriffe, da gerade für eine einsicht¬
vollere Selbstbestimmung der erweiterte Gesichts¬
kreis der nun verschlossenen höheren Klassen hätte
Gelegenheit bieten sollen. Meine häusliche Be¬
schäftigung hatte in letzter Zeit beinahe aus¬
schließlich in Zeichnen und Malen bestanden, und
auch in dieser Hinsicht befand ich mich in einem

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mich ein, ihn zu beſuchen und ſeinen Rath zu
holen, wenn ich Luſt haͤtte, das Franzoͤſiſche wei¬
ter zu betreiben. Ich ſah ihn zwar nicht wieder
im Wechſel der Zeit, aber ſeine Worte gaben mir
eine gewiſſe Genugthuung, daß ich mich nun frei
fuͤhlte, wie der Vogel in der Luft, zumal ich die
Bedeutung des Augenblickes und die Wichtigkeit
der Zukunft nicht zu uͤberſehen vermochte.

Meine Mutter hingegen befand ſich in großer
Bedraͤngniß; ſie konnte beſtimmt annehmen, daß
der Vater meine Schulbildung jetzt noch nicht
abgeſchloſſen haben wuͤrde, wenn er noch lebte,
und doch ſah ſie bei ihren beſchraͤnkten Mitteln
keine Moͤglichkeit, mir Privatlehrer zu halten oder
mich auf eine auswaͤrtige Schule zu ſchicken, noch
konnte ſie ſich den Beruf denken, welchen ich nun
am beſten ergriffe, da gerade fuͤr eine einſicht¬
vollere Selbſtbeſtimmung der erweiterte Geſichts¬
kreis der nun verſchloſſenen hoͤheren Klaſſen haͤtte
Gelegenheit bieten ſollen. Meine haͤusliche Be¬
ſchaͤftigung hatte in letzter Zeit beinahe aus¬
ſchließlich in Zeichnen und Malen beſtanden, und
auch in dieſer Hinſicht befand ich mich in einem

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[387/0401] mich ein, ihn zu beſuchen und ſeinen Rath zu holen, wenn ich Luſt haͤtte, das Franzoͤſiſche wei¬ ter zu betreiben. Ich ſah ihn zwar nicht wieder im Wechſel der Zeit, aber ſeine Worte gaben mir eine gewiſſe Genugthuung, daß ich mich nun frei fuͤhlte, wie der Vogel in der Luft, zumal ich die Bedeutung des Augenblickes und die Wichtigkeit der Zukunft nicht zu uͤberſehen vermochte. Meine Mutter hingegen befand ſich in großer Bedraͤngniß; ſie konnte beſtimmt annehmen, daß der Vater meine Schulbildung jetzt noch nicht abgeſchloſſen haben wuͤrde, wenn er noch lebte, und doch ſah ſie bei ihren beſchraͤnkten Mitteln keine Moͤglichkeit, mir Privatlehrer zu halten oder mich auf eine auswaͤrtige Schule zu ſchicken, noch konnte ſie ſich den Beruf denken, welchen ich nun am beſten ergriffe, da gerade fuͤr eine einſicht¬ vollere Selbſtbeſtimmung der erweiterte Geſichts¬ kreis der nun verſchloſſenen hoͤheren Klaſſen haͤtte Gelegenheit bieten ſollen. Meine haͤusliche Be¬ ſchaͤftigung hatte in letzter Zeit beinahe aus¬ ſchließlich in Zeichnen und Malen beſtanden, und auch in dieſer Hinſicht befand ich mich in einem 25 *

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/401>, abgerufen am 25.11.2024.