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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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als nach Hause zu laufen und mir mit meinem
Sparkästchen zu schaffen zu machen. Einige Au¬
genblicke nachher ging ich wieder davon, einige
glänzende Silberstücke in der festverschlossenen
Hand, mit klopfender Brust dem Markte zu,
wo mein lauernder Dämon mich empfing. Wir
handelten um die Kette, oder gaben vielmehr,
was der Italiener forderte, ich wählte noch ein
Armband von Achatschildern und einen Ring mit
einer rothen Glaspaste; der Kaufmann besah
mich und die schönen Gulden mit wunderlichen
Blicken, steckte sie aber nichts desto weniger ein;
ich aber wurde schon auf dem Wege nach dem
Hause fortgedrängt, wo meine Dame wohnte.
Auf einem abgelegenen Platze standen etwa sechs
Patricierhäuser, deren Besitzer sich durch den
Seidenhandel auf der Höhe früherer Vornehmheit
erhielten. Weder eine Schenke noch ein sonstiges
niederes Gewerbe zeigte sich in dieser Gegend,
welche still und einsam in ihrer Reinlichkeit ruhte;
das Pflaster war weißer und besser, als in an¬
deren Stadttheilen, und kostbare eiserne Garten¬
geländer begränzten dasselbe. In dem größten

als nach Hauſe zu laufen und mir mit meinem
Sparkaͤſtchen zu ſchaffen zu machen. Einige Au¬
genblicke nachher ging ich wieder davon, einige
glaͤnzende Silberſtuͤcke in der feſtverſchloſſenen
Hand, mit klopfender Bruſt dem Markte zu,
wo mein lauernder Daͤmon mich empfing. Wir
handelten um die Kette, oder gaben vielmehr,
was der Italiener forderte, ich waͤhlte noch ein
Armband von Achatſchildern und einen Ring mit
einer rothen Glaspaſte; der Kaufmann beſah
mich und die ſchoͤnen Gulden mit wunderlichen
Blicken, ſteckte ſie aber nichts deſto weniger ein;
ich aber wurde ſchon auf dem Wege nach dem
Hauſe fortgedraͤngt, wo meine Dame wohnte.
Auf einem abgelegenen Platze ſtanden etwa ſechs
Patricierhaͤuſer, deren Beſitzer ſich durch den
Seidenhandel auf der Hoͤhe fruͤherer Vornehmheit
erhielten. Weder eine Schenke noch ein ſonſtiges
niederes Gewerbe zeigte ſich in dieſer Gegend,
welche ſtill und einſam in ihrer Reinlichkeit ruhte;
das Pflaſter war weißer und beſſer, als in an¬
deren Stadttheilen, und koſtbare eiſerne Garten¬
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[290/0304] als nach Hauſe zu laufen und mir mit meinem Sparkaͤſtchen zu ſchaffen zu machen. Einige Au¬ genblicke nachher ging ich wieder davon, einige glaͤnzende Silberſtuͤcke in der feſtverſchloſſenen Hand, mit klopfender Bruſt dem Markte zu, wo mein lauernder Daͤmon mich empfing. Wir handelten um die Kette, oder gaben vielmehr, was der Italiener forderte, ich waͤhlte noch ein Armband von Achatſchildern und einen Ring mit einer rothen Glaspaſte; der Kaufmann beſah mich und die ſchoͤnen Gulden mit wunderlichen Blicken, ſteckte ſie aber nichts deſto weniger ein; ich aber wurde ſchon auf dem Wege nach dem Hauſe fortgedraͤngt, wo meine Dame wohnte. Auf einem abgelegenen Platze ſtanden etwa ſechs Patricierhaͤuſer, deren Beſitzer ſich durch den Seidenhandel auf der Hoͤhe fruͤherer Vornehmheit erhielten. Weder eine Schenke noch ein ſonſtiges niederes Gewerbe zeigte ſich in dieſer Gegend, welche ſtill und einſam in ihrer Reinlichkeit ruhte; das Pflaſter war weißer und beſſer, als in an¬ deren Stadttheilen, und koſtbare eiſerne Garten¬ gelaͤnder begraͤnzten daſſelbe. In dem groͤßten

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/304>, abgerufen am 22.11.2024.