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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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gehaltene Ton unseres Verkehrs nicht, weiter zu
dringen, da es auch hier die rücksichtsvolle Höf¬
lichkeit des Lebens erforderte, den mit guter Ma¬
nier vorgetragenen blauen Dunst bestehen zu las¬
sen. Vielmehr gab meinem Freunde diese vor¬
läufige Toleranz Gelegenheit, mich zu weiteren
Lügen zu reizen und auf immer bedenklichere
Proben zu stellen.

Wir trafen bald darauf, als es gerade Me߬
zeit war, am Seeufer zusammen, vor den Kram¬
buden flankirend, welche dort in langen Reihen
aufgeschlagen waren, und begrüßten uns wie
Macbeth's Hexen mit: "was hast du geschafft?"
Wir standen vor dem Magazine eines Italiäners,
welcher neben südlichen Eßwaaren auch glänzende
Bijouterien und Spielereien feil bot. Feigen,
Mandeln und Datteln, Kisten voll reinlich wei¬
ßer Makaroni, besonders aber Berge ungeheurer
Salamiwürste reizten den Sinn meines Gesellen
zu kühnen Phantasien, indessen ich zierliche
Frauenkämme, Oelfläschchen und Schalen voll
schwarzer Räucherkerzchen betrachtete und unge¬
fähr dachte, wo diese Dinge gebraucht würden,

gehaltene Ton unſeres Verkehrs nicht, weiter zu
dringen, da es auch hier die ruͤckſichtsvolle Hoͤf¬
lichkeit des Lebens erforderte, den mit guter Ma¬
nier vorgetragenen blauen Dunſt beſtehen zu laſ¬
ſen. Vielmehr gab meinem Freunde dieſe vor¬
laͤufige Toleranz Gelegenheit, mich zu weiteren
Luͤgen zu reizen und auf immer bedenklichere
Proben zu ſtellen.

Wir trafen bald darauf, als es gerade Me߬
zeit war, am Seeufer zuſammen, vor den Kram¬
buden flankirend, welche dort in langen Reihen
aufgeſchlagen waren, und begruͤßten uns wie
Macbeth's Hexen mit: »was haſt du geſchafft?«
Wir ſtanden vor dem Magazine eines Italiaͤners,
welcher neben ſuͤdlichen Eßwaaren auch glaͤnzende
Bijouterien und Spielereien feil bot. Feigen,
Mandeln und Datteln, Kiſten voll reinlich wei¬
ßer Makaroni, beſonders aber Berge ungeheurer
Salamiwuͤrſte reizten den Sinn meines Geſellen
zu kuͤhnen Phantaſien, indeſſen ich zierliche
Frauenkaͤmme, Oelflaͤſchchen und Schalen voll
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[288/0302] gehaltene Ton unſeres Verkehrs nicht, weiter zu dringen, da es auch hier die ruͤckſichtsvolle Hoͤf¬ lichkeit des Lebens erforderte, den mit guter Ma¬ nier vorgetragenen blauen Dunſt beſtehen zu laſ¬ ſen. Vielmehr gab meinem Freunde dieſe vor¬ laͤufige Toleranz Gelegenheit, mich zu weiteren Luͤgen zu reizen und auf immer bedenklichere Proben zu ſtellen. Wir trafen bald darauf, als es gerade Me߬ zeit war, am Seeufer zuſammen, vor den Kram¬ buden flankirend, welche dort in langen Reihen aufgeſchlagen waren, und begruͤßten uns wie Macbeth's Hexen mit: »was haſt du geſchafft?« Wir ſtanden vor dem Magazine eines Italiaͤners, welcher neben ſuͤdlichen Eßwaaren auch glaͤnzende Bijouterien und Spielereien feil bot. Feigen, Mandeln und Datteln, Kiſten voll reinlich wei¬ ßer Makaroni, beſonders aber Berge ungeheurer Salamiwuͤrſte reizten den Sinn meines Geſellen zu kuͤhnen Phantaſien, indeſſen ich zierliche Frauenkaͤmme, Oelflaͤſchchen und Schalen voll ſchwarzer Raͤucherkerzchen betrachtete und unge¬ faͤhr dachte, wo dieſe Dinge gebraucht wuͤrden,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/302>, abgerufen am 22.11.2024.