gehaltene Ton unseres Verkehrs nicht, weiter zu dringen, da es auch hier die rücksichtsvolle Höf¬ lichkeit des Lebens erforderte, den mit guter Ma¬ nier vorgetragenen blauen Dunst bestehen zu las¬ sen. Vielmehr gab meinem Freunde diese vor¬ läufige Toleranz Gelegenheit, mich zu weiteren Lügen zu reizen und auf immer bedenklichere Proben zu stellen.
Wir trafen bald darauf, als es gerade Me߬ zeit war, am Seeufer zusammen, vor den Kram¬ buden flankirend, welche dort in langen Reihen aufgeschlagen waren, und begrüßten uns wie Macbeth's Hexen mit: "was hast du geschafft?" Wir standen vor dem Magazine eines Italiäners, welcher neben südlichen Eßwaaren auch glänzende Bijouterien und Spielereien feil bot. Feigen, Mandeln und Datteln, Kisten voll reinlich wei¬ ßer Makaroni, besonders aber Berge ungeheurer Salamiwürste reizten den Sinn meines Gesellen zu kühnen Phantasien, indessen ich zierliche Frauenkämme, Oelfläschchen und Schalen voll schwarzer Räucherkerzchen betrachtete und unge¬ fähr dachte, wo diese Dinge gebraucht würden,
gehaltene Ton unſeres Verkehrs nicht, weiter zu dringen, da es auch hier die ruͤckſichtsvolle Hoͤf¬ lichkeit des Lebens erforderte, den mit guter Ma¬ nier vorgetragenen blauen Dunſt beſtehen zu laſ¬ ſen. Vielmehr gab meinem Freunde dieſe vor¬ laͤufige Toleranz Gelegenheit, mich zu weiteren Luͤgen zu reizen und auf immer bedenklichere Proben zu ſtellen.
Wir trafen bald darauf, als es gerade Me߬ zeit war, am Seeufer zuſammen, vor den Kram¬ buden flankirend, welche dort in langen Reihen aufgeſchlagen waren, und begruͤßten uns wie Macbeth's Hexen mit: »was haſt du geſchafft?« Wir ſtanden vor dem Magazine eines Italiaͤners, welcher neben ſuͤdlichen Eßwaaren auch glaͤnzende Bijouterien und Spielereien feil bot. Feigen, Mandeln und Datteln, Kiſten voll reinlich wei¬ ßer Makaroni, beſonders aber Berge ungeheurer Salamiwuͤrſte reizten den Sinn meines Geſellen zu kuͤhnen Phantaſien, indeſſen ich zierliche Frauenkaͤmme, Oelflaͤſchchen und Schalen voll ſchwarzer Raͤucherkerzchen betrachtete und unge¬ faͤhr dachte, wo dieſe Dinge gebraucht wuͤrden,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0302"n="288"/>
gehaltene Ton unſeres Verkehrs nicht, weiter zu<lb/>
dringen, da es auch hier die ruͤckſichtsvolle Hoͤf¬<lb/>
lichkeit des Lebens erforderte, den mit guter Ma¬<lb/>
nier vorgetragenen blauen Dunſt beſtehen zu laſ¬<lb/>ſen. Vielmehr gab meinem Freunde dieſe vor¬<lb/>
laͤufige Toleranz Gelegenheit, mich zu weiteren<lb/>
Luͤgen zu reizen und auf immer bedenklichere<lb/>
Proben zu ſtellen.</p><lb/><p>Wir trafen bald darauf, als es gerade Me߬<lb/>
zeit war, am Seeufer zuſammen, vor den Kram¬<lb/>
buden flankirend, welche dort in langen Reihen<lb/>
aufgeſchlagen waren, und begruͤßten uns wie<lb/>
Macbeth's Hexen mit: »was haſt du geſchafft?«<lb/>
Wir ſtanden vor dem Magazine eines Italiaͤners,<lb/>
welcher neben ſuͤdlichen Eßwaaren auch glaͤnzende<lb/>
Bijouterien und Spielereien feil bot. Feigen,<lb/>
Mandeln und Datteln, Kiſten voll reinlich wei¬<lb/>
ßer Makaroni, beſonders aber Berge ungeheurer<lb/>
Salamiwuͤrſte reizten den Sinn meines Geſellen<lb/>
zu kuͤhnen Phantaſien, indeſſen ich zierliche<lb/>
Frauenkaͤmme, Oelflaͤſchchen und Schalen voll<lb/>ſchwarzer Raͤucherkerzchen betrachtete und unge¬<lb/>
faͤhr dachte, wo dieſe Dinge gebraucht wuͤrden,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[288/0302]
gehaltene Ton unſeres Verkehrs nicht, weiter zu
dringen, da es auch hier die ruͤckſichtsvolle Hoͤf¬
lichkeit des Lebens erforderte, den mit guter Ma¬
nier vorgetragenen blauen Dunſt beſtehen zu laſ¬
ſen. Vielmehr gab meinem Freunde dieſe vor¬
laͤufige Toleranz Gelegenheit, mich zu weiteren
Luͤgen zu reizen und auf immer bedenklichere
Proben zu ſtellen.
Wir trafen bald darauf, als es gerade Me߬
zeit war, am Seeufer zuſammen, vor den Kram¬
buden flankirend, welche dort in langen Reihen
aufgeſchlagen waren, und begruͤßten uns wie
Macbeth's Hexen mit: »was haſt du geſchafft?«
Wir ſtanden vor dem Magazine eines Italiaͤners,
welcher neben ſuͤdlichen Eßwaaren auch glaͤnzende
Bijouterien und Spielereien feil bot. Feigen,
Mandeln und Datteln, Kiſten voll reinlich wei¬
ßer Makaroni, beſonders aber Berge ungeheurer
Salamiwuͤrſte reizten den Sinn meines Geſellen
zu kuͤhnen Phantaſien, indeſſen ich zierliche
Frauenkaͤmme, Oelflaͤſchchen und Schalen voll
ſchwarzer Raͤucherkerzchen betrachtete und unge¬
faͤhr dachte, wo dieſe Dinge gebraucht wuͤrden,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/302>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.