mit meinem Abenteuer in Zusammenhang, daß der Eine und Andere der Knaben nachgewiesener Maßen die Schule geschwänzt hatte, gerade um die Zeit, welche ich angab. Man glaubte meiner großen Jugend sowohl, wie meiner Erzählung; diese fiel ganz unerwartet und unbefangen aus dem blauen Himmel meines sonstigen Schwei¬ gens. Die Angeklagten wurden unschuldig ver¬ urtheilt als verwilderte bösartige junge Leute, da ihr hartnäckiges und einstimmiges Läugnen und ihre gerechte Entrüstung und Verzweiflung die Sache noch verschlimmerten; sie erhielten die härtesten Schulstrafen, wurden einige Wochen lang auf die Schandbank gesetzt, und überdies noch von ihren Eltern geschlagen und eingesperrt.
So viel ich mich dunkel erinnere, war mir das angerichtete Unheil nicht nur gleichgültig, sondern ich fühlte eher noch eine Befriedigung in mir, daß die poetische Gerechtigkeit meine Er¬ findung so schön und sichtbarlich abrundete, daß etwas Auffallendes geschah, gehandelt und ge¬ litten wurde, und das in Folge meines schöpfe¬ rischen Wortes. Ich begriff gar nicht, wie die
mit meinem Abenteuer in Zuſammenhang, daß der Eine und Andere der Knaben nachgewieſener Maßen die Schule geſchwaͤnzt hatte, gerade um die Zeit, welche ich angab. Man glaubte meiner großen Jugend ſowohl, wie meiner Erzaͤhlung; dieſe fiel ganz unerwartet und unbefangen aus dem blauen Himmel meines ſonſtigen Schwei¬ gens. Die Angeklagten wurden unſchuldig ver¬ urtheilt als verwilderte boͤsartige junge Leute, da ihr hartnaͤckiges und einſtimmiges Laͤugnen und ihre gerechte Entruͤſtung und Verzweiflung die Sache noch verſchlimmerten; ſie erhielten die haͤrteſten Schulſtrafen, wurden einige Wochen lang auf die Schandbank geſetzt, und uͤberdies noch von ihren Eltern geſchlagen und eingeſperrt.
So viel ich mich dunkel erinnere, war mir das angerichtete Unheil nicht nur gleichguͤltig, ſondern ich fuͤhlte eher noch eine Befriedigung in mir, daß die poetiſche Gerechtigkeit meine Er¬ findung ſo ſchoͤn und ſichtbarlich abrundete, daß etwas Auffallendes geſchah, gehandelt und ge¬ litten wurde, und das in Folge meines ſchoͤpfe¬ riſchen Wortes. Ich begriff gar nicht, wie die
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0238"n="224"/>
mit meinem Abenteuer in Zuſammenhang, daß<lb/>
der Eine und Andere der Knaben nachgewieſener<lb/>
Maßen die Schule geſchwaͤnzt hatte, gerade um<lb/>
die Zeit, welche ich angab. Man glaubte meiner<lb/>
großen Jugend ſowohl, wie meiner Erzaͤhlung;<lb/>
dieſe fiel ganz unerwartet und unbefangen aus<lb/>
dem blauen Himmel meines ſonſtigen Schwei¬<lb/>
gens. Die Angeklagten wurden unſchuldig ver¬<lb/>
urtheilt als verwilderte boͤsartige junge Leute,<lb/>
da ihr hartnaͤckiges und einſtimmiges Laͤugnen<lb/>
und ihre gerechte Entruͤſtung und Verzweiflung<lb/>
die Sache noch verſchlimmerten; ſie erhielten die<lb/>
haͤrteſten Schulſtrafen, wurden einige Wochen<lb/>
lang auf die Schandbank geſetzt, und uͤberdies<lb/>
noch von ihren Eltern geſchlagen und eingeſperrt.</p><lb/><p>So viel ich mich dunkel erinnere, war mir<lb/>
das angerichtete Unheil nicht nur gleichguͤltig,<lb/>ſondern ich fuͤhlte eher noch eine Befriedigung<lb/>
in mir, daß die poetiſche Gerechtigkeit meine Er¬<lb/>
findung ſo ſchoͤn und ſichtbarlich abrundete, daß<lb/>
etwas Auffallendes geſchah, gehandelt und ge¬<lb/>
litten wurde, und das in Folge meines ſchoͤpfe¬<lb/>
riſchen Wortes. Ich begriff gar nicht, wie die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[224/0238]
mit meinem Abenteuer in Zuſammenhang, daß
der Eine und Andere der Knaben nachgewieſener
Maßen die Schule geſchwaͤnzt hatte, gerade um
die Zeit, welche ich angab. Man glaubte meiner
großen Jugend ſowohl, wie meiner Erzaͤhlung;
dieſe fiel ganz unerwartet und unbefangen aus
dem blauen Himmel meines ſonſtigen Schwei¬
gens. Die Angeklagten wurden unſchuldig ver¬
urtheilt als verwilderte boͤsartige junge Leute,
da ihr hartnaͤckiges und einſtimmiges Laͤugnen
und ihre gerechte Entruͤſtung und Verzweiflung
die Sache noch verſchlimmerten; ſie erhielten die
haͤrteſten Schulſtrafen, wurden einige Wochen
lang auf die Schandbank geſetzt, und uͤberdies
noch von ihren Eltern geſchlagen und eingeſperrt.
So viel ich mich dunkel erinnere, war mir
das angerichtete Unheil nicht nur gleichguͤltig,
ſondern ich fuͤhlte eher noch eine Befriedigung
in mir, daß die poetiſche Gerechtigkeit meine Er¬
findung ſo ſchoͤn und ſichtbarlich abrundete, daß
etwas Auffallendes geſchah, gehandelt und ge¬
litten wurde, und das in Folge meines ſchoͤpfe¬
riſchen Wortes. Ich begriff gar nicht, wie die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/238>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.