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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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wicklung und Befreiung; Hunger, Krieg, Auf¬
ruhr und Pestilenz hatten sie gesehen; jedoch ihr
eigenes Verhältniß zu einander war so sonder¬
bar von Leidenschaften bewegt, und es traten so
ursprünglich dämonische Gewalten der Menschen¬
natur darin zu Tage, daß ich mit kindlich er¬
stauntem Auge in die wilde Flamme sah und für
ein späteres Verständniß schon tiefe Eindrücke
empfing.

Während nämlich die Frau Margreth die be¬
wegende und erhaltende Kraft in ihrem Haus¬
halte war, den Grund zum jetzigen Wohlstand
gelegt hatte und jederzeit das Heft in den Hän¬
den hielt, war ihr Mann einer von denjenigen,
welche nichts Erkleckliches gelernt haben, noch
sonst thun können, und daher darauf angewiesen
sind, mehr den Handlanger einer thatkräftigen
Frau zu machen und auf eine müßige Weise
unter dem Schilde ihres Regimentes ein weich¬
liches ruhmloses Dasein zu führen. Als die Frau,
besonders in frühern Jahren, durch kecke Be¬
nutzung der Zeitläufe und durch wahrhaft geist¬
volle Unternehmungen und originelle Handstreiche

wicklung und Befreiung; Hunger, Krieg, Auf¬
ruhr und Peſtilenz hatten ſie geſehen; jedoch ihr
eigenes Verhaͤltniß zu einander war ſo ſonder¬
bar von Leidenſchaften bewegt, und es traten ſo
urſpruͤnglich daͤmoniſche Gewalten der Menſchen¬
natur darin zu Tage, daß ich mit kindlich er¬
ſtauntem Auge in die wilde Flamme ſah und fuͤr
ein ſpaͤteres Verſtaͤndniß ſchon tiefe Eindruͤcke
empfing.

Waͤhrend naͤmlich die Frau Margreth die be¬
wegende und erhaltende Kraft in ihrem Haus¬
halte war, den Grund zum jetzigen Wohlſtand
gelegt hatte und jederzeit das Heft in den Haͤn¬
den hielt, war ihr Mann einer von denjenigen,
welche nichts Erkleckliches gelernt haben, noch
ſonſt thun koͤnnen, und daher darauf angewieſen
ſind, mehr den Handlanger einer thatkraͤftigen
Frau zu machen und auf eine muͤßige Weiſe
unter dem Schilde ihres Regimentes ein weich¬
liches ruhmloſes Daſein zu fuͤhren. Als die Frau,
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nutzung der Zeitlaͤufe und durch wahrhaft geiſt¬
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[204/0218] wicklung und Befreiung; Hunger, Krieg, Auf¬ ruhr und Peſtilenz hatten ſie geſehen; jedoch ihr eigenes Verhaͤltniß zu einander war ſo ſonder¬ bar von Leidenſchaften bewegt, und es traten ſo urſpruͤnglich daͤmoniſche Gewalten der Menſchen¬ natur darin zu Tage, daß ich mit kindlich er¬ ſtauntem Auge in die wilde Flamme ſah und fuͤr ein ſpaͤteres Verſtaͤndniß ſchon tiefe Eindruͤcke empfing. Waͤhrend naͤmlich die Frau Margreth die be¬ wegende und erhaltende Kraft in ihrem Haus¬ halte war, den Grund zum jetzigen Wohlſtand gelegt hatte und jederzeit das Heft in den Haͤn¬ den hielt, war ihr Mann einer von denjenigen, welche nichts Erkleckliches gelernt haben, noch ſonſt thun koͤnnen, und daher darauf angewieſen ſind, mehr den Handlanger einer thatkraͤftigen Frau zu machen und auf eine muͤßige Weiſe unter dem Schilde ihres Regimentes ein weich¬ liches ruhmloſes Daſein zu fuͤhren. Als die Frau, beſonders in fruͤhern Jahren, durch kecke Be¬ nutzung der Zeitlaͤufe und durch wahrhaft geiſt¬ volle Unternehmungen und originelle Handſtreiche

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/218>, abgerufen am 24.11.2024.