sellen es verbergend, ein Buch oder eine Papier¬ rolle in die Werkstatt eines Anderen bringen, und sie sahen alsdann aus, wie Schulknaben, welche unter dem Tische einen Roman lesen, und ver¬ säumten wohl auch eben so wenig ihr zeitliches Wohl dabei.
Doch sollte dies aufgeregte Leben auf andere Weise Unheil bringen. Lee hatte sich, bei seinen gehäuften Arbeiten in steter Anstrengung, eines Tages stark erhitzt und achtlos nachher erkältet, was den Keim gefährlicher Krankheit in ihn legte. Anstatt sich nun zu schonen und auf jede Weise in Acht zu nehmen, konnte er es nicht lassen, sein Treiben fortzusetzen und überall mit Hand anzulegen, wo etwas zu thun war. Schon seine vielfältigen Berufsgeschäfte nahmen seine volle Thätigkeit in Anspruch, welche er nicht plötzlich schwächen zu dürfen glaubte. Er rechnete, specu¬ lirte, schloß Verträge, ging weit über Land, um Einkäufe zu besorgen, war im gleichen Augenblick zu oberst auf den Gerüsten und zu unterst in den Gewölben, riß einem Arbeiter die Schaufel aus der Hand und that einige gewichtige Würfe da¬
ſellen es verbergend, ein Buch oder eine Papier¬ rolle in die Werkſtatt eines Anderen bringen, und ſie ſahen alsdann aus, wie Schulknaben, welche unter dem Tiſche einen Roman leſen, und ver¬ ſaͤumten wohl auch eben ſo wenig ihr zeitliches Wohl dabei.
Doch ſollte dies aufgeregte Leben auf andere Weiſe Unheil bringen. Lee hatte ſich, bei ſeinen gehaͤuften Arbeiten in ſteter Anſtrengung, eines Tages ſtark erhitzt und achtlos nachher erkaͤltet, was den Keim gefaͤhrlicher Krankheit in ihn legte. Anſtatt ſich nun zu ſchonen und auf jede Weiſe in Acht zu nehmen, konnte er es nicht laſſen, ſein Treiben fortzuſetzen und uͤberall mit Hand anzulegen, wo etwas zu thun war. Schon ſeine vielfaͤltigen Berufsgeſchaͤfte nahmen ſeine volle Thaͤtigkeit in Anſpruch, welche er nicht ploͤtzlich ſchwaͤchen zu duͤrfen glaubte. Er rechnete, ſpecu¬ lirte, ſchloß Vertraͤge, ging weit uͤber Land, um Einkaͤufe zu beſorgen, war im gleichen Augenblick zu oberſt auf den Geruͤſten und zu unterſt in den Gewoͤlben, riß einem Arbeiter die Schaufel aus der Hand und that einige gewichtige Wuͤrfe da¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0132"n="118"/>ſellen es verbergend, ein Buch oder eine Papier¬<lb/>
rolle in die Werkſtatt eines Anderen bringen, und<lb/>ſie ſahen alsdann aus, wie Schulknaben, welche<lb/>
unter dem Tiſche einen Roman leſen, und ver¬<lb/>ſaͤumten wohl auch eben ſo wenig ihr zeitliches<lb/>
Wohl dabei.</p><lb/><p>Doch ſollte dies aufgeregte Leben auf andere<lb/>
Weiſe Unheil bringen. Lee hatte ſich, bei ſeinen<lb/>
gehaͤuften Arbeiten in ſteter Anſtrengung, eines<lb/>
Tages ſtark erhitzt und achtlos nachher erkaͤltet,<lb/>
was den Keim gefaͤhrlicher Krankheit in ihn legte.<lb/>
Anſtatt ſich nun zu ſchonen und auf jede Weiſe<lb/>
in Acht zu nehmen, konnte er es nicht laſſen,<lb/>ſein Treiben fortzuſetzen und uͤberall mit Hand<lb/>
anzulegen, wo etwas zu thun war. Schon ſeine<lb/>
vielfaͤltigen Berufsgeſchaͤfte nahmen ſeine volle<lb/>
Thaͤtigkeit in Anſpruch, welche er nicht ploͤtzlich<lb/>ſchwaͤchen zu duͤrfen glaubte. Er rechnete, ſpecu¬<lb/>
lirte, ſchloß Vertraͤge, ging weit uͤber Land, um<lb/>
Einkaͤufe zu beſorgen, war im gleichen Augenblick<lb/>
zu oberſt auf den Geruͤſten und zu unterſt in den<lb/>
Gewoͤlben, riß einem Arbeiter die Schaufel aus<lb/>
der Hand und that einige gewichtige Wuͤrfe da¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[118/0132]
ſellen es verbergend, ein Buch oder eine Papier¬
rolle in die Werkſtatt eines Anderen bringen, und
ſie ſahen alsdann aus, wie Schulknaben, welche
unter dem Tiſche einen Roman leſen, und ver¬
ſaͤumten wohl auch eben ſo wenig ihr zeitliches
Wohl dabei.
Doch ſollte dies aufgeregte Leben auf andere
Weiſe Unheil bringen. Lee hatte ſich, bei ſeinen
gehaͤuften Arbeiten in ſteter Anſtrengung, eines
Tages ſtark erhitzt und achtlos nachher erkaͤltet,
was den Keim gefaͤhrlicher Krankheit in ihn legte.
Anſtatt ſich nun zu ſchonen und auf jede Weiſe
in Acht zu nehmen, konnte er es nicht laſſen,
ſein Treiben fortzuſetzen und uͤberall mit Hand
anzulegen, wo etwas zu thun war. Schon ſeine
vielfaͤltigen Berufsgeſchaͤfte nahmen ſeine volle
Thaͤtigkeit in Anſpruch, welche er nicht ploͤtzlich
ſchwaͤchen zu duͤrfen glaubte. Er rechnete, ſpecu¬
lirte, ſchloß Vertraͤge, ging weit uͤber Land, um
Einkaͤufe zu beſorgen, war im gleichen Augenblick
zu oberſt auf den Geruͤſten und zu unterſt in den
Gewoͤlben, riß einem Arbeiter die Schaufel aus
der Hand und that einige gewichtige Wuͤrfe da¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/132>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.