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Keller, Gottfried: Romeo und Julia auf dem Dorfe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–348. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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zu vergessen schien. Ei seht! hieß es, das ist ja wahrhaftig das Vrenchen Marti und der Sali aus der Stadt! Die haben sich ja säuberlich gefunden und verbunden! Und welche Zärtlichkeit und Freundschaft, seht doch, seht! Wo die wohl hinauswollen? -- Die Verwunderung dieser Zuschauer war ganz seltsam gemischt aus Mitleid mit dem Unglück, aus Verachtung der Verkommenheit und Schlechtigkeit der Aeltern und aus Neid gegen das Glück und die Einigkeit des Paares, welches auf eine ganz ungewöhnliche und fast vornehme Weise verliebt und aufgeregt schien und in dieser rückhaltlosen Hingebung und Selbstvergessenheit dem rohen Völkchen eben so fremd erschien, wie in seiner Verlassenheit und Armuth. Als sie daher endlich aufwachten und um sich sahen, erschauten sie Nichts als gaffende Gesichter von allen Seiten, Niemand grüßte sie, und sie wußten nicht, sollten sie Jemand grüßen, und diese Verfremdung und Unfreundlichkeit war von beiden Seiten mehr Verlegenheit als Absicht. Es wurde Vrenchen bang und heiß, es wurde bleich und roth, Sali nahm es aber bei der Hand und führte das arme Wesen hinweg, das ihm mit seinem Haus in der Hand willig folgte, obgleich die Trompeten im Wirthshause lustig schmetterten und Vrenchen so gern tanzen wollte. Hier können wir nicht tanzen! sagte Sali, als sie sich etwas entfernt hatten, wir würden hier wenig Freude haben, wie es scheint! -- Jedenfalls, sagte Vrenchen traurig, es wird auch am besten sein, wir lassen es ganz bleiben,

zu vergessen schien. Ei seht! hieß es, das ist ja wahrhaftig das Vrenchen Marti und der Sali aus der Stadt! Die haben sich ja säuberlich gefunden und verbunden! Und welche Zärtlichkeit und Freundschaft, seht doch, seht! Wo die wohl hinauswollen? — Die Verwunderung dieser Zuschauer war ganz seltsam gemischt aus Mitleid mit dem Unglück, aus Verachtung der Verkommenheit und Schlechtigkeit der Aeltern und aus Neid gegen das Glück und die Einigkeit des Paares, welches auf eine ganz ungewöhnliche und fast vornehme Weise verliebt und aufgeregt schien und in dieser rückhaltlosen Hingebung und Selbstvergessenheit dem rohen Völkchen eben so fremd erschien, wie in seiner Verlassenheit und Armuth. Als sie daher endlich aufwachten und um sich sahen, erschauten sie Nichts als gaffende Gesichter von allen Seiten, Niemand grüßte sie, und sie wußten nicht, sollten sie Jemand grüßen, und diese Verfremdung und Unfreundlichkeit war von beiden Seiten mehr Verlegenheit als Absicht. Es wurde Vrenchen bang und heiß, es wurde bleich und roth, Sali nahm es aber bei der Hand und führte das arme Wesen hinweg, das ihm mit seinem Haus in der Hand willig folgte, obgleich die Trompeten im Wirthshause lustig schmetterten und Vrenchen so gern tanzen wollte. Hier können wir nicht tanzen! sagte Sali, als sie sich etwas entfernt hatten, wir würden hier wenig Freude haben, wie es scheint! — Jedenfalls, sagte Vrenchen traurig, es wird auch am besten sein, wir lassen es ganz bleiben,

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[0101] zu vergessen schien. Ei seht! hieß es, das ist ja wahrhaftig das Vrenchen Marti und der Sali aus der Stadt! Die haben sich ja säuberlich gefunden und verbunden! Und welche Zärtlichkeit und Freundschaft, seht doch, seht! Wo die wohl hinauswollen? — Die Verwunderung dieser Zuschauer war ganz seltsam gemischt aus Mitleid mit dem Unglück, aus Verachtung der Verkommenheit und Schlechtigkeit der Aeltern und aus Neid gegen das Glück und die Einigkeit des Paares, welches auf eine ganz ungewöhnliche und fast vornehme Weise verliebt und aufgeregt schien und in dieser rückhaltlosen Hingebung und Selbstvergessenheit dem rohen Völkchen eben so fremd erschien, wie in seiner Verlassenheit und Armuth. Als sie daher endlich aufwachten und um sich sahen, erschauten sie Nichts als gaffende Gesichter von allen Seiten, Niemand grüßte sie, und sie wußten nicht, sollten sie Jemand grüßen, und diese Verfremdung und Unfreundlichkeit war von beiden Seiten mehr Verlegenheit als Absicht. Es wurde Vrenchen bang und heiß, es wurde bleich und roth, Sali nahm es aber bei der Hand und führte das arme Wesen hinweg, das ihm mit seinem Haus in der Hand willig folgte, obgleich die Trompeten im Wirthshause lustig schmetterten und Vrenchen so gern tanzen wollte. Hier können wir nicht tanzen! sagte Sali, als sie sich etwas entfernt hatten, wir würden hier wenig Freude haben, wie es scheint! — Jedenfalls, sagte Vrenchen traurig, es wird auch am besten sein, wir lassen es ganz bleiben,

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:34:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:34:29Z)

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Romeo und Julia auf dem Dorfe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–348. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_dorfe_1910/101>, abgerufen am 22.11.2024.