weil noch ein halber Scheffel Weitzen nach der Mühle zu tragen war, welchen sonst Niemand Zeit hatte, fort- zuschaffen, als die Dürbach. Ihr wurde also ein Sack mit dieser Last gefüllt auf den Rücken geladen, und sie mußte ihn drey Viertel Weges weit nach der Mühle tragen. So sehr die Last ihre schwachen Rippen beugte, so eilte sie doch so gut sie konnte damit fort, um wieder zurück zu kommen, ehe die Kirche anginge, welches auch geschah. Die Dichterin erwähnte in ihren Gesprächen dieses Vorfalls oft, wenn sie, wie der Held von seinen Narben, von ihrem überstande- nen Ungemach redete. Bald darauf wurde sie aus die- ser Sklaverey erlöst, durch einen unvermutheten Be- such ihres Stiefvaters, welcher ziemlich erstaunt war, sie in einer so unverantwortlichen Lage zu finden. Die Müllersfrau entschuldigte sich so gut sie konnte mit List und Unwahrheiten, und die erlösete Dürbach fuhr mit ihrem Stiefvater in ihr Elterliches Haus zurück.
Als sie hier angekommen war, eilte sie, sobald sichs thun ließ, in die berauchte Hütte ihres Hirten; diese Hütte und sein rostiges Bücherbrett waren für sie ein wieder aufgeschloßnes Paradies; sie wühlte in den Büchern wie der Reiche in seinen Schätzen, ob sie etwas Neues darunter fände, und aus Bedürfniß zu lesen, wurde ihr auch das neu, was sie schon zehnmal gelesen hatte. Eines Tages fügte es der Zufall, daß
weil noch ein halber Scheffel Weitzen nach der Muͤhle zu tragen war, welchen ſonſt Niemand Zeit hatte, fort- zuſchaffen, als die Duͤrbach. Ihr wurde alſo ein Sack mit dieſer Laſt gefuͤllt auf den Ruͤcken geladen, und ſie mußte ihn drey Viertel Weges weit nach der Muͤhle tragen. So ſehr die Laſt ihre ſchwachen Rippen beugte, ſo eilte ſie doch ſo gut ſie konnte damit fort, um wieder zuruͤck zu kommen, ehe die Kirche anginge, welches auch geſchah. Die Dichterin erwaͤhnte in ihren Geſpraͤchen dieſes Vorfalls oft, wenn ſie, wie der Held von ſeinen Narben, von ihrem uͤberſtande- nen Ungemach redete. Bald darauf wurde ſie aus die- ſer Sklaverey erloͤſt, durch einen unvermutheten Be- ſuch ihres Stiefvaters, welcher ziemlich erſtaunt war, ſie in einer ſo unverantwortlichen Lage zu finden. Die Muͤllersfrau entſchuldigte ſich ſo gut ſie konnte mit Liſt und Unwahrheiten, und die erloͤſete Duͤrbach fuhr mit ihrem Stiefvater in ihr Elterliches Haus zuruͤck.
Als ſie hier angekommen war, eilte ſie, ſobald ſichs thun ließ, in die berauchte Huͤtte ihres Hirten; dieſe Huͤtte und ſein roſtiges Buͤcherbrett waren fuͤr ſie ein wieder aufgeſchloßnes Paradies; ſie wuͤhlte in den Buͤchern wie der Reiche in ſeinen Schaͤtzen, ob ſie etwas Neues darunter faͤnde, und aus Beduͤrfniß zu leſen, wurde ihr auch das neu, was ſie ſchon zehnmal geleſen hatte. Eines Tages fuͤgte es der Zufall, daß
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weil noch ein halber Scheffel Weitzen nach der Muͤhle
zu tragen war, welchen ſonſt Niemand Zeit hatte, fort-
zuſchaffen, als die Duͤrbach. Ihr wurde alſo ein Sack
mit dieſer Laſt gefuͤllt auf den Ruͤcken geladen, und ſie
mußte ihn drey Viertel Weges weit nach der Muͤhle
tragen. So ſehr die Laſt ihre ſchwachen Rippen
beugte, ſo eilte ſie doch ſo gut ſie konnte damit fort,
um wieder zuruͤck zu kommen, ehe die Kirche anginge,
welches auch geſchah. Die Dichterin erwaͤhnte in
ihren Geſpraͤchen dieſes Vorfalls oft, wenn ſie, wie
der Held von ſeinen Narben, von ihrem uͤberſtande-
nen Ungemach redete. Bald darauf wurde ſie aus die-
ſer Sklaverey erloͤſt, durch einen unvermutheten Be-
ſuch ihres Stiefvaters, welcher ziemlich erſtaunt war,
ſie in einer ſo unverantwortlichen Lage zu finden. Die
Muͤllersfrau entſchuldigte ſich ſo gut ſie konnte mit
Liſt und Unwahrheiten, und die erloͤſete Duͤrbach fuhr
mit ihrem Stiefvater in ihr Elterliches Haus zuruͤck.
Als ſie hier angekommen war, eilte ſie, ſobald
ſichs thun ließ, in die berauchte Huͤtte ihres Hirten;
dieſe Huͤtte und ſein roſtiges Buͤcherbrett waren fuͤr
ſie ein wieder aufgeſchloßnes Paradies; ſie wuͤhlte in
den Buͤchern wie der Reiche in ſeinen Schaͤtzen, ob ſie
etwas Neues darunter faͤnde, und aus Beduͤrfniß zu
leſen, wurde ihr auch das neu, was ſie ſchon zehnmal
geleſen hatte. Eines Tages fuͤgte es der Zufall, daß
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/66>, abgerufen am 22.11.2024.
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