Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.Eh Purpur noch um eine Schulter hing, Gemeßne Gränzen setztest du dem Meer; Das Meer gehorcht, dich hört die stolze Welle, Im Ungewitter brauste sie daher; Sie stürzt zurück und über ihr wirds helle! So setzest du dem Uebel in der Welt Den Gränzstein hin. Es kennet ihn und schreitet Nicht weiter fort. Sobald es dir gefällt, Bricht Schwerdt und Spieß, und Ruhe wird verbreitet. Dein Griffel schrieb des Schicksals Tafeln voll Dem hellsten Wiz der Sterblichen verborgen, Steht alles da, was hier geschehen soll; Des Menschen Glück, Vergnügen, Noth und Sorgen, Kein Ohngefähr macht unsre Fluren reich: Kein Zufall bringt den Mangel und die Fülle, Nicht Kunst, nicht Fleiß macht unsre Aecker weich; Die Wolke thuts, und ihr befiehlts dein Wille. Dich nennt der Blitz: der Donner nennt dich laut, Und höret sich den Abgrund Antwort geben. Die nasse Pracht, die aus der Wolke thaut, Läßt deinen Ruhm am kleinsten Grase kleben; Ein tausendfarbig Thal lacht dir zum Preis; Der Vogel singt, daß er dein Loblieb singe, Die Schlosse rauscht; der Nordwind athmet Eis Auf dein Gebot, Regiererin der Dinge! Eh Purpur noch um eine Schulter hing, Gemeßne Graͤnzen ſetzteſt du dem Meer; Das Meer gehorcht, dich hoͤrt die ſtolze Welle, Im Ungewitter brauſte ſie daher; Sie ſtuͤrzt zuruͤck und uͤber ihr wirds helle! So ſetzeſt du dem Uebel in der Welt Den Graͤnzſtein hin. Es kennet ihn und ſchreitet Nicht weiter fort. Sobald es dir gefaͤllt, Bricht Schwerdt und Spieß, und Ruhe wird verbreitet. Dein Griffel ſchrieb des Schickſals Tafeln voll Dem hellſten Wiz der Sterblichen verborgen, Steht alles da, was hier geſchehen ſoll; Des Menſchen Gluͤck, Vergnuͤgen, Noth und Sorgen, Kein Ohngefaͤhr macht unſre Fluren reich: Kein Zufall bringt den Mangel und die Fuͤlle, Nicht Kunſt, nicht Fleiß macht unſre Aecker weich; Die Wolke thuts, und ihr befiehlts dein Wille. Dich nennt der Blitz: der Donner nennt dich laut, Und hoͤret ſich den Abgrund Antwort geben. Die naſſe Pracht, die aus der Wolke thaut, Laͤßt deinen Ruhm am kleinſten Graſe kleben; Ein tauſendfarbig Thal lacht dir zum Preis; Der Vogel ſingt, daß er dein Loblieb ſinge, Die Schloſſe rauſcht; der Nordwind athmet Eis Auf dein Gebot, Regiererin der Dinge! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="4"> <pb facs="#f0550" n="390"/> <l>Eh Purpur noch um eine Schulter hing,</l><lb/> <l>Und eh’ der Pomp den Herrſchern Laſten brachte,</l><lb/> <l>Da kannteſt Du die Herrſcher und die Laſt,</l><lb/> <l>Und Voͤlker, die ſich vor dem Scepter beugen:</l><lb/> <l>Dein war das Heft, das der Regente faßt,</l><lb/> <l>Du gabſt es ihm, um deine Macht zu zeigen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Gemeßne Graͤnzen ſetzteſt du dem Meer;</l><lb/> <l>Das Meer gehorcht, dich hoͤrt die ſtolze Welle,</l><lb/> <l>Im Ungewitter brauſte ſie daher;</l><lb/> <l>Sie ſtuͤrzt zuruͤck und uͤber ihr wirds helle!</l><lb/> <l>So ſetzeſt du dem Uebel in der Welt</l><lb/> <l>Den Graͤnzſtein hin. Es kennet ihn und ſchreitet</l><lb/> <l>Nicht weiter fort. Sobald es dir gefaͤllt,</l><lb/> <l>Bricht Schwerdt und Spieß, und Ruhe wird verbreitet.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Dein Griffel ſchrieb des Schickſals Tafeln voll</l><lb/> <l>Dem hellſten Wiz der Sterblichen verborgen,</l><lb/> <l>Steht alles da, was hier geſchehen ſoll;</l><lb/> <l>Des Menſchen Gluͤck, Vergnuͤgen, Noth und Sorgen,</l><lb/> <l>Kein Ohngefaͤhr macht unſre Fluren reich:</l><lb/> <l>Kein Zufall bringt den Mangel und die Fuͤlle,</l><lb/> <l>Nicht Kunſt, nicht Fleiß macht unſre Aecker weich;</l><lb/> <l>Die Wolke thuts, und ihr befiehlts dein Wille.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Dich nennt der Blitz: der Donner nennt dich laut,</l><lb/> <l>Und hoͤret ſich den Abgrund Antwort geben.</l><lb/> <l>Die naſſe Pracht, die aus der Wolke thaut,</l><lb/> <l>Laͤßt deinen Ruhm am kleinſten Graſe kleben;</l><lb/> <l>Ein tauſendfarbig Thal lacht dir zum Preis;</l><lb/> <l>Der Vogel ſingt, daß er dein Loblieb ſinge,</l><lb/> <l>Die Schloſſe rauſcht; der Nordwind athmet Eis</l><lb/> <l>Auf dein Gebot, Regiererin der Dinge!</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [390/0550]
Eh Purpur noch um eine Schulter hing,
Und eh’ der Pomp den Herrſchern Laſten brachte,
Da kannteſt Du die Herrſcher und die Laſt,
Und Voͤlker, die ſich vor dem Scepter beugen:
Dein war das Heft, das der Regente faßt,
Du gabſt es ihm, um deine Macht zu zeigen.
Gemeßne Graͤnzen ſetzteſt du dem Meer;
Das Meer gehorcht, dich hoͤrt die ſtolze Welle,
Im Ungewitter brauſte ſie daher;
Sie ſtuͤrzt zuruͤck und uͤber ihr wirds helle!
So ſetzeſt du dem Uebel in der Welt
Den Graͤnzſtein hin. Es kennet ihn und ſchreitet
Nicht weiter fort. Sobald es dir gefaͤllt,
Bricht Schwerdt und Spieß, und Ruhe wird verbreitet.
Dein Griffel ſchrieb des Schickſals Tafeln voll
Dem hellſten Wiz der Sterblichen verborgen,
Steht alles da, was hier geſchehen ſoll;
Des Menſchen Gluͤck, Vergnuͤgen, Noth und Sorgen,
Kein Ohngefaͤhr macht unſre Fluren reich:
Kein Zufall bringt den Mangel und die Fuͤlle,
Nicht Kunſt, nicht Fleiß macht unſre Aecker weich;
Die Wolke thuts, und ihr befiehlts dein Wille.
Dich nennt der Blitz: der Donner nennt dich laut,
Und hoͤret ſich den Abgrund Antwort geben.
Die naſſe Pracht, die aus der Wolke thaut,
Laͤßt deinen Ruhm am kleinſten Graſe kleben;
Ein tauſendfarbig Thal lacht dir zum Preis;
Der Vogel ſingt, daß er dein Loblieb ſinge,
Die Schloſſe rauſcht; der Nordwind athmet Eis
Auf dein Gebot, Regiererin der Dinge!
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