Die viel verwüsten kann im Zeitraum einer Stunde. So schnell verderberisch rollt aus dem offnen Schlunde Des brennenden Vesuvs ein Schwefelstrom herfür Und sprudelt Meilen weit und sängt des Landes Zier Die bunten Auen ab, und wird der Dörfer Schrecken, Der Landmann sieht sein Feld mit heißem Gries be- decken; Er zittert, zagt und schreyt, vor Schrecken wankt sein Schritt, Nun kommt der Feuerstrom und nimmt ihn grimmig mit, Und zischet durch die Flur, bis seine Wuth verkürzet, Sich brennend in den Schooß grundloser Seen stürzet. In einen engen Raum, wo arm an Kalk und Stein, Und reich an Holz und Leim die alten Häuser seyn, Da hat die Gluth vom Herrn schnell den Befehl ver- nommen, Bis hieher soll dein Schritt, nicht weiter soll er kommen, Und dreimal bückte sie vor seinem Wort ihr Haupt, Und ihrer Stärke ward von nun an nicht erlaubt, Des Wassers Würksamkeit so frech zu widerstehen, Sie eilte klein und matt zu ihrem Untergehen; Und nun verließ das Volk sein Lager vor dem Thor, Nun richteten ihr Haupt die Klagenden empor. In einem säuselnden gelinden Windeswagen So fuhr der Gott herauf, vor den wir betend lagen, Und Engel lasen es in seinem Angesicht,
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Die viel verwuͤſten kann im Zeitraum einer Stunde. So ſchnell verderberiſch rollt aus dem offnen Schlunde Des brennenden Veſuvs ein Schwefelſtrom herfuͤr Und ſprudelt Meilen weit und ſaͤngt des Landes Zier Die bunten Auen ab, und wird der Doͤrfer Schrecken, Der Landmann ſieht ſein Feld mit heißem Gries be- decken; Er zittert, zagt und ſchreyt, vor Schrecken wankt ſein Schritt, Nun kommt der Feuerſtrom und nimmt ihn grimmig mit, Und ziſchet durch die Flur, bis ſeine Wuth verkuͤrzet, Sich brennend in den Schooß grundloſer Seen ſtuͤrzet. In einen engen Raum, wo arm an Kalk und Stein, Und reich an Holz und Leim die alten Haͤuſer ſeyn, Da hat die Gluth vom Herrn ſchnell den Befehl ver- nommen, Bis hieher ſoll dein Schritt, nicht weiter ſoll er kommen, Und dreimal buͤckte ſie vor ſeinem Wort ihr Haupt, Und ihrer Staͤrke ward von nun an nicht erlaubt, Des Waſſers Wuͤrkſamkeit ſo frech zu widerſtehen, Sie eilte klein und matt zu ihrem Untergehen; Und nun verließ das Volk ſein Lager vor dem Thor, Nun richteten ihr Haupt die Klagenden empor. In einem ſaͤuſelnden gelinden Windeswagen So fuhr der Gott herauf, vor den wir betend lagen, Und Engel laſen es in ſeinem Angeſicht,
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Die viel verwuͤſten kann im Zeitraum einer Stunde.
So ſchnell verderberiſch rollt aus dem offnen Schlunde
Des brennenden Veſuvs ein Schwefelſtrom herfuͤr
Und ſprudelt Meilen weit und ſaͤngt des Landes Zier
Die bunten Auen ab, und wird der Doͤrfer Schrecken,
Der Landmann ſieht ſein Feld mit heißem Gries be-
decken;
Er zittert, zagt und ſchreyt, vor Schrecken wankt ſein
Schritt,
Nun kommt der Feuerſtrom und nimmt ihn grimmig mit,
Und ziſchet durch die Flur, bis ſeine Wuth verkuͤrzet,
Sich brennend in den Schooß grundloſer Seen ſtuͤrzet.
In einen engen Raum, wo arm an Kalk und Stein,
Und reich an Holz und Leim die alten Haͤuſer ſeyn,
Da hat die Gluth vom Herrn ſchnell den Befehl ver-
nommen,
Bis hieher ſoll dein Schritt, nicht weiter ſoll er kommen,
Und dreimal buͤckte ſie vor ſeinem Wort ihr Haupt,
Und ihrer Staͤrke ward von nun an nicht erlaubt,
Des Waſſers Wuͤrkſamkeit ſo frech zu widerſtehen,
Sie eilte klein und matt zu ihrem Untergehen;
Und nun verließ das Volk ſein Lager vor dem Thor,
Nun richteten ihr Haupt die Klagenden empor.
In einem ſaͤuſelnden gelinden Windeswagen
So fuhr der Gott herauf, vor den wir betend lagen,
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/533>, abgerufen am 22.11.2024.
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