Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.An einer halben Welt hat Geizes voll ihr König Noch seiner Erde Raum zu wenig. Er fragt nach Göttern nichts, auch nicht nach Völker- Recht, Aus Ehrgeiz schont er nicht das menschliche Geschlecht. Er siehet hundert tausend Leben In einem Treffen aufgegeben, Und sieht die Mordthat nicht. Der Himmel sieht sie scharf. Heil sey dem König, der nicht mit ihm rechten darf! Lieb Dieb Halten Kalten Mann Trennen Brennen Der Zorn über Thyrsis. Bei dem Apoll schwör ich: mich hat nicht Thyrsis lieb, Er lauschet auf mein Lied begierig wie ein Dieb, Verspricht zu kommen her und weiß nicht Wort zu halten, Bald nenn ich aufgebracht ihn zornig einen kalten Empfindungslosen Freund und einen harten Mann; An einer halben Welt hat Geizes voll ihr Koͤnig Noch ſeiner Erde Raum zu wenig. Er fragt nach Goͤttern nichts, auch nicht nach Voͤlker- Recht, Aus Ehrgeiz ſchont er nicht das menſchliche Geſchlecht. Er ſiehet hundert tauſend Leben In einem Treffen aufgegeben, Und ſieht die Mordthat nicht. Der Himmel ſieht ſie ſcharf. Heil ſey dem Koͤnig, der nicht mit ihm rechten darf! Lieb Dieb Halten Kalten Mann Trennen Brennen Der Zorn uͤber Thyrſis. Bei dem Apoll ſchwoͤr ich: mich hat nicht Thyrſis lieb, Er lauſchet auf mein Lied begierig wie ein Dieb, Verſpricht zu kommen her und weiß nicht Wort zu halten, Bald nenn ich aufgebracht ihn zornig einen kalten Empfindungsloſen Freund und einen harten Mann; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0475" n="315"/> <l>An einer halben Welt hat Geizes voll ihr Koͤnig</l><lb/> <l>Noch ſeiner Erde Raum zu wenig.</l><lb/> <l>Er fragt nach Goͤttern nichts, auch nicht nach Voͤlker-</l><lb/> <l>Recht,</l><lb/> <l>Aus Ehrgeiz ſchont er nicht das menſchliche Geſchlecht.</l><lb/> <l>Er ſiehet hundert tauſend Leben</l><lb/> <l>In einem Treffen aufgegeben,</l><lb/> <l>Und ſieht die Mordthat nicht. Der Himmel ſieht ſie</l><lb/> <l>ſcharf.</l><lb/> <l>Heil ſey dem Koͤnig, der nicht mit ihm rechten darf!</l> </lg> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <p>Lieb Dieb Halten Kalten Mann Trennen Brennen<lb/> Dann Hoben Leben Sehr Mehr.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Der Zorn uͤber Thyrſis</hi>.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">B</hi>ei dem Apoll ſchwoͤr ich: mich hat nicht Thyrſis lieb,</l><lb/> <l>Er lauſchet auf mein Lied begierig wie ein Dieb,</l><lb/> <l>Verſpricht zu kommen her und weiß nicht Wort zu</l><lb/> <l>halten,</l><lb/> <l>Bald nenn ich aufgebracht ihn zornig einen kalten</l><lb/> <l>Empfindungsloſen Freund und einen harten Mann;</l><lb/> </lg> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [315/0475]
An einer halben Welt hat Geizes voll ihr Koͤnig
Noch ſeiner Erde Raum zu wenig.
Er fragt nach Goͤttern nichts, auch nicht nach Voͤlker-
Recht,
Aus Ehrgeiz ſchont er nicht das menſchliche Geſchlecht.
Er ſiehet hundert tauſend Leben
In einem Treffen aufgegeben,
Und ſieht die Mordthat nicht. Der Himmel ſieht ſie
ſcharf.
Heil ſey dem Koͤnig, der nicht mit ihm rechten darf!
Lieb Dieb Halten Kalten Mann Trennen Brennen
Dann Hoben Leben Sehr Mehr.
Der Zorn uͤber Thyrſis.
Bei dem Apoll ſchwoͤr ich: mich hat nicht Thyrſis lieb,
Er lauſchet auf mein Lied begierig wie ein Dieb,
Verſpricht zu kommen her und weiß nicht Wort zu
halten,
Bald nenn ich aufgebracht ihn zornig einen kalten
Empfindungsloſen Freund und einen harten Mann;
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