Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.Lied einer alten reichen Wittwe, die gern Dame werden will. Warum sollt ich mich denn härmen, Hab ich doch Reichthum noch, Junges Muths zu schwärmen! Reichthum, Reichthum soll mir geben Einen Mann, der mich kann Uebern Pöbel heben -- Dann bin ich Hochwohlgeboren! Für mein Geld, alle Welt Staunt und spitzt die Ohren. Freude wird mich überladen, Wenn die Magd schüchtern fragt; "Was befehl'n Ihr' Gnaden?" Lied einer alten reichen Wittwe, die gern Dame werden will. Warum ſollt ich mich denn haͤrmen, Hab ich doch Reichthum noch, Junges Muths zu ſchwaͤrmen! Reichthum, Reichthum ſoll mir geben Einen Mann, der mich kann Uebern Poͤbel heben — Dann bin ich Hochwohlgeboren! Fuͤr mein Geld, alle Welt Staunt und ſpitzt die Ohren. Freude wird mich uͤberladen, Wenn die Magd ſchuͤchtern fragt; „Was befehl’n Ihr’ Gnaden?“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0414" n="254"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#b">Lied einer alten reichen Wittwe,</hi><lb/> die gern Dame werden will.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">W</hi>arum ſollt ich mich denn haͤrmen,</l><lb/> <l>Hab ich doch Reichthum noch,</l><lb/> <l>Junges Muths zu ſchwaͤrmen!</l><lb/> <l>Reichthum, Reichthum ſoll mir geben</l><lb/> <l>Einen Mann, der mich kann</l><lb/> <l>Uebern Poͤbel heben —</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Dann bin ich <hi rendition="#g">Hochwohlgeboren</hi>!</l><lb/> <l>Fuͤr mein Geld, alle Welt</l><lb/> <l>Staunt und ſpitzt die Ohren.</l><lb/> <l>Freude wird mich uͤberladen,</l><lb/> <l>Wenn die Magd ſchuͤchtern fragt;</l><lb/> <l>„Was befehl’n Ihr’ Gnaden?“</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [254/0414]
Lied einer alten reichen Wittwe,
die gern Dame werden will.
Warum ſollt ich mich denn haͤrmen,
Hab ich doch Reichthum noch,
Junges Muths zu ſchwaͤrmen!
Reichthum, Reichthum ſoll mir geben
Einen Mann, der mich kann
Uebern Poͤbel heben —
Dann bin ich Hochwohlgeboren!
Fuͤr mein Geld, alle Welt
Staunt und ſpitzt die Ohren.
Freude wird mich uͤberladen,
Wenn die Magd ſchuͤchtern fragt;
„Was befehl’n Ihr’ Gnaden?“
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