"Habt nur hier die Wellen angegaffet, "Die der Brücke Halbtheil schon "Angegriffen und hinweggeraffet -- "Fürchtet nicht dies Wasserd[r]ohn, "Ich bin Mensch, wie ihr zur Welt gekommen, "Wagt doch, was ich wagen kann, "Seht, da wo die Häuser weggeschwommen, "Kommts auf Menschenrettung an --
Also sprach der Fürstensohn und brannte Von Begierde, da zu seyn, Wo sich zu dem Sturmgebieter wandte Nothgedrängter Menschen Schreyn. Bald hinüber war die Fahrt gelungen, Als ein Windstoß sie ergriff, Ach, von einer Welle Wuth gedrungen, Scheiterte das kleine Schiff An der Wurzel einer alten Weide Und die wilde Fluth verschlang Frankfurts Stolz und Ruhm und Augenfreude[!] Mit dem Wassertode rang Leopold nur wenige Minuten Seine Seele stieg empor Schöner als durch vieler Wunden Bluten In der Heldenseelen Chor --
„Habt nur hier die Wellen angegaffet, „Die der Bruͤcke Halbtheil ſchon „Angegriffen und hinweggeraffet — „Fuͤrchtet nicht dies Waſſerd[r]ohn, „Ich bin Menſch, wie ihr zur Welt gekommen, „Wagt doch, was ich wagen kann, „Seht, da wo die Haͤuſer weggeſchwommen, „Kommts auf Menſchenrettung an —
Alſo ſprach der Fuͤrſtenſohn und brannte Von Begierde, da zu ſeyn, Wo ſich zu dem Sturmgebieter wandte Nothgedraͤngter Menſchen Schreyn. Bald hinuͤber war die Fahrt gelungen, Als ein Windſtoß ſie ergriff, Ach, von einer Welle Wuth gedrungen, Scheiterte das kleine Schiff An der Wurzel einer alten Weide Und die wilde Fluth verſchlang Frankfurts Stolz und Ruhm und Augenfreude[!] Mit dem Waſſertode rang Leopold nur wenige Minuten Seine Seele ſtieg empor Schoͤner als durch vieler Wunden Bluten In der Heldenſeelen Chor —
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><lgn="2"><pbfacs="#f0379"n="219"/><l>„Habt nur hier die Wellen angegaffet,</l><lb/><l>„Die der Bruͤcke Halbtheil ſchon</l><lb/><l>„Angegriffen und hinweggeraffet —</l><lb/><l>„Fuͤrchtet nicht dies Waſſerd<supplied>r</supplied>ohn,</l><lb/><l>„Ich bin Menſch, wie ihr zur Welt gekommen,</l><lb/><l>„Wagt doch, was ich wagen kann,</l><lb/><l>„Seht, da wo die Haͤuſer weggeſchwommen,</l><lb/><l>„Kommts auf Menſchenrettung an —</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Alſo ſprach der Fuͤrſtenſohn und brannte</l><lb/><l>Von Begierde, da zu ſeyn,</l><lb/><l>Wo ſich zu dem Sturmgebieter wandte</l><lb/><l>Nothgedraͤngter Menſchen Schreyn.</l><lb/><l>Bald hinuͤber war die Fahrt gelungen,</l><lb/><l>Als ein Windſtoß ſie ergriff,</l><lb/><l>Ach, von einer Welle Wuth gedrungen,</l><lb/><l>Scheiterte das kleine Schiff</l><lb/><l>An der Wurzel einer alten Weide</l><lb/><l>Und die wilde Fluth verſchlang</l><lb/><l>Frankfurts Stolz und Ruhm und Augenfreude<supplied>!</supplied></l><lb/><l>Mit dem Waſſertode rang</l><lb/><l>Leopold nur wenige Minuten</l><lb/><l>Seine Seele ſtieg empor</l><lb/><l>Schoͤner als durch vieler Wunden Bluten</l><lb/><l>In der Heldenſeelen Chor —</l><lb/></lg></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[219/0379]
„Habt nur hier die Wellen angegaffet,
„Die der Bruͤcke Halbtheil ſchon
„Angegriffen und hinweggeraffet —
„Fuͤrchtet nicht dies Waſſerdrohn,
„Ich bin Menſch, wie ihr zur Welt gekommen,
„Wagt doch, was ich wagen kann,
„Seht, da wo die Haͤuſer weggeſchwommen,
„Kommts auf Menſchenrettung an —
Alſo ſprach der Fuͤrſtenſohn und brannte
Von Begierde, da zu ſeyn,
Wo ſich zu dem Sturmgebieter wandte
Nothgedraͤngter Menſchen Schreyn.
Bald hinuͤber war die Fahrt gelungen,
Als ein Windſtoß ſie ergriff,
Ach, von einer Welle Wuth gedrungen,
Scheiterte das kleine Schiff
An der Wurzel einer alten Weide
Und die wilde Fluth verſchlang
Frankfurts Stolz und Ruhm und Augenfreude!
Mit dem Waſſertode rang
Leopold nur wenige Minuten
Seine Seele ſtieg empor
Schoͤner als durch vieler Wunden Bluten
In der Heldenſeelen Chor —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/379>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.