zessinn zu sehen, die im leicht flatternden Morgen- gewand alle Reizungen einer Bezauberung hat; ich beneide meinen Freund, aus dessen Hause ich mir das Glück gebe, Ewr. Königl. Hoheit zu schreiben. Er macht mir Beschreibungen von dem Stolz, den er zu bekämpfen hatte, nach der Gnade, die ihm ein Zufall gab: Sie kamen, gnädigste Prinzessinn! durch Hal- berstadt, und die veralterten Gemäuer zitterten Ihnen Ehrfurcht entgegen.
Grün wie der Frühling war Dein Kleid; Weiß, wie der Schnee zur Winterzeit, Die Stirne, die voll Lieblichkeit Herab zu allem Volke redte. Die Grazien sahn neidisch nach, Der Dichtergott Apollo sprach: Wer sich in Dich verkleidet hätte. Diana, sprach er, stieg herab, Und weil der Wald ihr keine Freuden Für ihre Götterseele gab, Gefiel es ihr sich menschlich einzukleiden; Prinzessinn! also sprach Apoll Zu seinem Sohn den Kriegesdichter: Indem erblicktest Du hoch auf dem Dohm zween Lichter,
zeſſinn zu ſehen, die im leicht flatternden Morgen- gewand alle Reizungen einer Bezauberung hat; ich beneide meinen Freund, aus deſſen Hauſe ich mir das Gluͤck gebe, Ewr. Koͤnigl. Hoheit zu ſchreiben. Er macht mir Beſchreibungen von dem Stolz, den er zu bekaͤmpfen hatte, nach der Gnade, die ihm ein Zufall gab: Sie kamen, gnaͤdigſte Prinzeſſinn! durch Hal- berſtadt, und die veralterten Gemaͤuer zitterten Ihnen Ehrfurcht entgegen.
Gruͤn wie der Fruͤhling war Dein Kleid; Weiß, wie der Schnee zur Winterzeit, Die Stirne, die voll Lieblichkeit Herab zu allem Volke redte. Die Grazien ſahn neidiſch nach, Der Dichtergott Apollo ſprach: Wer ſich in Dich verkleidet haͤtte. Diana, ſprach er, ſtieg herab, Und weil der Wald ihr keine Freuden Fuͤr ihre Goͤtterſeele gab, Gefiel es ihr ſich menſchlich einzukleiden; Prinzeſſinn! alſo ſprach Apoll Zu ſeinem Sohn den Kriegesdichter: Indem erblickteſt Du hoch auf dem Dohm zween Lichter,
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zeſſinn zu ſehen, die im leicht flatternden Morgen-
gewand alle Reizungen einer Bezauberung hat; ich
beneide meinen Freund, aus deſſen Hauſe ich mir das
Gluͤck gebe, Ewr. Koͤnigl. Hoheit zu ſchreiben. Er
macht mir Beſchreibungen von dem Stolz, den er zu
bekaͤmpfen hatte, nach der Gnade, die ihm ein Zufall
gab: Sie kamen, gnaͤdigſte Prinzeſſinn! durch Hal-
berſtadt, und die veralterten Gemaͤuer zitterten Ihnen
Ehrfurcht entgegen.
Gruͤn wie der Fruͤhling war Dein Kleid;
Weiß, wie der Schnee zur Winterzeit,
Die Stirne, die voll Lieblichkeit
Herab zu allem Volke redte.
Die Grazien ſahn neidiſch nach,
Der Dichtergott Apollo ſprach:
Wer ſich in Dich verkleidet haͤtte.
Diana, ſprach er, ſtieg herab,
Und weil der Wald ihr keine Freuden
Fuͤr ihre Goͤtterſeele gab,
Gefiel es ihr ſich menſchlich einzukleiden;
Prinzeſſinn! alſo ſprach Apoll
Zu ſeinem Sohn den Kriegesdichter:
Indem erblickteſt Du hoch auf dem Dohm zween
Lichter,
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/306>, abgerufen am 25.11.2024.
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