Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.Und wem das schreckliche Verboth Des Arztes jeden Wein geraubet, Der misch ihn mit der Kirsche roth Dann ist er ihm erlaubet; Und wäre seine Lunge wund, Und seine ganze Brust durchgraben: So darf sich doch sein matter Mund Mit diesem Tranke laben. Wenn ich den goldnen Rheinstrandwein Und silbernen Champagner meide, Dann Freunde mischt mir Kirschblut drein Zur Aug- und Zungenweide: Dann werd' ich eben so verführt, Als Eva, die den Baum betrachtet, So schön gewachsen und geziert, Und nach der Frucht geschmachtet. Ich trink und rufe dreymal hoch! Ihr Dichter singt im Ernst und Scherze Zu oft die Rose, singet doch Einmal der Kirschen Schwärze! Und wem das ſchreckliche Verboth Des Arztes jeden Wein geraubet, Der miſch ihn mit der Kirſche roth Dann iſt er ihm erlaubet; Und waͤre ſeine Lunge wund, Und ſeine ganze Bruſt durchgraben: So darf ſich doch ſein matter Mund Mit dieſem Tranke laben. Wenn ich den goldnen Rheinſtrandwein Und ſilbernen Champagner meide, Dann Freunde miſcht mir Kirſchblut drein Zur Aug- und Zungenweide: Dann werd’ ich eben ſo verfuͤhrt, Als Eva, die den Baum betrachtet, So ſchoͤn gewachſen und geziert, Und nach der Frucht geſchmachtet. Ich trink und rufe dreymal hoch! Ihr Dichter ſingt im Ernſt und Scherze Zu oft die Roſe, ſinget doch Einmal der Kirſchen Schwaͤrze! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0286" n="126"/> <lg n="5"> <l>Und wem das ſchreckliche Verboth</l><lb/> <l>Des Arztes jeden Wein geraubet,</l><lb/> <l>Der miſch ihn mit der Kirſche roth</l><lb/> <l>Dann iſt er ihm erlaubet;</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Und waͤre ſeine Lunge wund,</l><lb/> <l>Und ſeine ganze Bruſt durchgraben:</l><lb/> <l>So darf ſich doch ſein matter Mund</l><lb/> <l>Mit dieſem Tranke laben.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Wenn ich den goldnen Rheinſtrandwein</l><lb/> <l>Und ſilbernen Champagner meide,</l><lb/> <l>Dann Freunde miſcht mir Kirſchblut drein</l><lb/> <l>Zur Aug- und Zungenweide:</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Dann werd’ ich eben ſo verfuͤhrt,</l><lb/> <l>Als Eva, die den Baum betrachtet,</l><lb/> <l>So ſchoͤn gewachſen und geziert,</l><lb/> <l>Und nach der Frucht geſchmachtet.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Ich trink und rufe dreymal hoch!</l><lb/> <l>Ihr Dichter ſingt im Ernſt und Scherze</l><lb/> <l>Zu oft die Roſe, ſinget doch</l><lb/> <l>Einmal der Kirſchen Schwaͤrze!</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0286]
Und wem das ſchreckliche Verboth
Des Arztes jeden Wein geraubet,
Der miſch ihn mit der Kirſche roth
Dann iſt er ihm erlaubet;
Und waͤre ſeine Lunge wund,
Und ſeine ganze Bruſt durchgraben:
So darf ſich doch ſein matter Mund
Mit dieſem Tranke laben.
Wenn ich den goldnen Rheinſtrandwein
Und ſilbernen Champagner meide,
Dann Freunde miſcht mir Kirſchblut drein
Zur Aug- und Zungenweide:
Dann werd’ ich eben ſo verfuͤhrt,
Als Eva, die den Baum betrachtet,
So ſchoͤn gewachſen und geziert,
Und nach der Frucht geſchmachtet.
Ich trink und rufe dreymal hoch!
Ihr Dichter ſingt im Ernſt und Scherze
Zu oft die Roſe, ſinget doch
Einmal der Kirſchen Schwaͤrze!
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Zitationshilfe: | Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/286>, abgerufen am 16.02.2025. |