Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.Ha! Du blickest wie der weise Große Vater Friederich. -- Bey der Tafel liegst du einst dem Greise An der Brust, und jüngerlich Hängst Du an Ihn mit den Augen, Lässest Deinen Nektar stehn, Um die Reden einzusaugen Die aus Seinem Munde gehn. Lächle Ihm und beyden Müttern Deiner frohen Aeltern zu: Laß uns nicht für Deine Tage zittern. Denn Geliebter, ehe Du Diesen Gliederbau bezogen, Ist schon mancher junge Fürst Von dem Throne fortgeflogen, Den Du mitbeschützen wirst. -- Theurer Prinz bleib auf der Erde, Wo Du sehr willkommen bist; Bleib bey Deinem Bruder hier, und werde Ihm dereinst, was Heinrich ist Seinem Bruder unserm König -- Unserm väterlichen Freund, Dem ein Seculum zu wenig Zeit zum Thatenraume scheint. Ha! Du blickeſt wie der weiſe Große Vater Friederich. — Bey der Tafel liegſt du einſt dem Greiſe An der Bruſt, und juͤngerlich Haͤngſt Du an Ihn mit den Augen, Laͤſſeſt Deinen Nektar ſtehn, Um die Reden einzuſaugen Die aus Seinem Munde gehn. Laͤchle Ihm und beyden Muͤttern Deiner frohen Aeltern zu: Laß uns nicht fuͤr Deine Tage zittern. Denn Geliebter, ehe Du Dieſen Gliederbau bezogen, Iſt ſchon mancher junge Fuͤrſt Von dem Throne fortgeflogen, Den Du mitbeſchuͤtzen wirſt. — Theurer Prinz bleib auf der Erde, Wo Du ſehr willkommen biſt; Bleib bey Deinem Bruder hier, und werde Ihm dereinſt, was Heinrich iſt Seinem Bruder unſerm Koͤnig — Unſerm vaͤterlichen Freund, Dem ein Seculum zu wenig Zeit zum Thatenraume ſcheint. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0216" n="56"/> <lg n="2"> <l>Ha! Du blickeſt wie der <hi rendition="#g">weiſe</hi></l><lb/> <l><hi rendition="#g">Große Vater Friederich</hi>. —</l><lb/> <l>Bey der Tafel liegſt du einſt dem <hi rendition="#g">Greiſe</hi></l><lb/> <l>An der Bruſt, und juͤngerlich</l><lb/> <l>Haͤngſt Du an Ihn mit den Augen,</l><lb/> <l>Laͤſſeſt Deinen Nektar ſtehn,</l><lb/> <l>Um die Reden einzuſaugen</l><lb/> <l>Die aus Seinem Munde gehn.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Laͤchle Ihm und <hi rendition="#g">beyden Muͤttern</hi></l><lb/> <l>Deiner <hi rendition="#g">frohen Aeltern</hi> zu:</l><lb/> <l>Laß uns nicht fuͤr Deine Tage zittern.</l><lb/> <l>Denn <hi rendition="#g">Geliebter</hi>, ehe Du</l><lb/> <l>Dieſen Gliederbau bezogen,</l><lb/> <l>Iſt ſchon mancher junge Fuͤrſt</l><lb/> <l>Von dem Throne fortgeflogen,</l><lb/> <l>Den Du mitbeſchuͤtzen wirſt. —</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l><hi rendition="#g">Theurer Prinz</hi> bleib auf der Erde,</l><lb/> <l>Wo Du ſehr willkommen biſt;</l><lb/> <l>Bleib bey Deinem Bruder hier, und werde</l><lb/> <l>Ihm dereinſt, was <hi rendition="#g">Heinrich</hi> iſt</l><lb/> <l>Seinem Bruder unſerm <hi rendition="#g">Koͤnig</hi> —</l><lb/> <l>Unſerm vaͤterlichen Freund,</l><lb/> <l>Dem ein Seculum zu wenig</l><lb/> <l>Zeit zum Thatenraume ſcheint.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [56/0216]
Ha! Du blickeſt wie der weiſe
Große Vater Friederich. —
Bey der Tafel liegſt du einſt dem Greiſe
An der Bruſt, und juͤngerlich
Haͤngſt Du an Ihn mit den Augen,
Laͤſſeſt Deinen Nektar ſtehn,
Um die Reden einzuſaugen
Die aus Seinem Munde gehn.
Laͤchle Ihm und beyden Muͤttern
Deiner frohen Aeltern zu:
Laß uns nicht fuͤr Deine Tage zittern.
Denn Geliebter, ehe Du
Dieſen Gliederbau bezogen,
Iſt ſchon mancher junge Fuͤrſt
Von dem Throne fortgeflogen,
Den Du mitbeſchuͤtzen wirſt. —
Theurer Prinz bleib auf der Erde,
Wo Du ſehr willkommen biſt;
Bleib bey Deinem Bruder hier, und werde
Ihm dereinſt, was Heinrich iſt
Seinem Bruder unſerm Koͤnig —
Unſerm vaͤterlichen Freund,
Dem ein Seculum zu wenig
Zeit zum Thatenraume ſcheint.
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Zitationshilfe: | Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/216>, abgerufen am 23.07.2024. |