Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Erstes Buch. An einen Freund der melancholisch den Tod einer Freundin beweinte. Der du mit finstern Blicken ganz verächtlich Glück, Ruhm und Freuden übersiehst, Nicht mehr Lorenzo bist, und einsam mitternächtlich Ein andrer Young, den Schlummer fliehst, Und jammernd sitzest, hier, wo die Gebeine Der Freundin ruhn, mit Sand bestreut; Die Freundschaft führt mich nach, auf daß ich mit dir weine, Gerührt durch deine Traurigkeit! Auf meine Leyer will ich ernste Saiten Mit fromm gewordnen Händen ziehn, Will singen, wie der Geist sich feyerlich bereiten Soll, in die obre Welt zu ziehn! Erſtes Buch. An einen Freund der melancholiſch den Tod einer Freundin beweinte. Der du mit finſtern Blicken ganz veraͤchtlich Gluͤck, Ruhm und Freuden uͤberſiehſt, Nicht mehr Lorenzo biſt, und einſam mitternaͤchtlich Ein andrer Young, den Schlummer fliehſt, Und jammernd ſitzeſt, hier, wo die Gebeine Der Freundin ruhn, mit Sand beſtreut; Die Freundſchaft fuͤhrt mich nach, auf daß ich mit dir weine, Geruͤhrt durch deine Traurigkeit! Auf meine Leyer will ich ernſte Saiten Mit fromm gewordnen Haͤnden ziehn, Will ſingen, wie der Geiſt ſich feyerlich bereiten Soll, in die obre Welt zu ziehn! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0087" n="43"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erſtes Buch.</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#b">An einen Freund</hi><lb/> der melancholiſch den Tod einer Freundin beweinte.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem" n="3"> <l>Der du mit finſtern Blicken ganz veraͤchtlich<lb/> Gluͤck, Ruhm und Freuden uͤberſiehſt,<lb/> Nicht mehr Lorenzo biſt, und einſam mitternaͤchtlich<lb/> Ein andrer Young, den Schlummer fliehſt,</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="4"> <l>Und jammernd ſitzeſt, hier, wo die Gebeine<lb/> Der Freundin ruhn, mit Sand beſtreut;<lb/> Die Freundſchaft fuͤhrt mich nach, auf daß ich mit dir weine,<lb/> Geruͤhrt durch deine Traurigkeit!</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="5"> <l>Auf meine Leyer will ich ernſte Saiten<lb/> Mit fromm gewordnen Haͤnden ziehn,<lb/> Will ſingen, wie der Geiſt ſich feyerlich bereiten<lb/> Soll, in die obre Welt zu ziehn!</l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [43/0087]
Erſtes Buch.
An einen Freund
der melancholiſch den Tod einer Freundin beweinte.
Der du mit finſtern Blicken ganz veraͤchtlich
Gluͤck, Ruhm und Freuden uͤberſiehſt,
Nicht mehr Lorenzo biſt, und einſam mitternaͤchtlich
Ein andrer Young, den Schlummer fliehſt,
Und jammernd ſitzeſt, hier, wo die Gebeine
Der Freundin ruhn, mit Sand beſtreut;
Die Freundſchaft fuͤhrt mich nach, auf daß ich mit dir weine,
Geruͤhrt durch deine Traurigkeit!
Auf meine Leyer will ich ernſte Saiten
Mit fromm gewordnen Haͤnden ziehn,
Will ſingen, wie der Geiſt ſich feyerlich bereiten
Soll, in die obre Welt zu ziehn!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |