Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Erstes Buch. Allmächtig diese Welten rief, Am Firmament herum gesetzet. Du sprachst, das Rad der Dinge lief, Und läuft noch unverletzet. Noch voller Jugend glänzen sie Da schon Jahrtausende vergangen! Der Zeiten Wechsel raubet nie Das Licht von ihren Wangen. Hier aber unter ihrem Blick Vergeht, verfliegt, veraltet alles. Dem Thronenpomp, dem Cronenglück Droht eine Zeit des Falles! Der Mensch verblüht wie prächtig Gras, Sein Ansehn wird der Zeit zum Raube. Der Weise, der in Sternen las, Liegt schon gestreckt im Staube! A 3
Erſtes Buch. Allmaͤchtig dieſe Welten rief, Am Firmament herum geſetzet. Du ſprachſt, das Rad der Dinge lief, Und laͤuft noch unverletzet. Noch voller Jugend glaͤnzen ſie Da ſchon Jahrtauſende vergangen! Der Zeiten Wechſel raubet nie Das Licht von ihren Wangen. Hier aber unter ihrem Blick Vergeht, verfliegt, veraltet alles. Dem Thronenpomp, dem Cronengluͤck Droht eine Zeit des Falles! Der Menſch verbluͤht wie praͤchtig Gras, Sein Anſehn wird der Zeit zum Raube. Der Weiſe, der in Sternen las, Liegt ſchon geſtreckt im Staube! A 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0049" n="5"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erſtes Buch.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem" n="2"> <l>Allmaͤchtig dieſe Welten rief,<lb/> Am Firmament herum geſetzet.<lb/> Du ſprachſt, das Rad der Dinge lief,<lb/> Und laͤuft noch unverletzet.</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="3"> <l>Noch voller Jugend glaͤnzen ſie<lb/> Da ſchon Jahrtauſende vergangen!<lb/> Der Zeiten Wechſel raubet nie<lb/> Das Licht von ihren Wangen.</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="4"> <l>Hier aber unter ihrem Blick<lb/> Vergeht, verfliegt, veraltet alles.<lb/> Dem Thronenpomp, dem Cronengluͤck<lb/> Droht eine Zeit des Falles!</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="5"> <l>Der Menſch verbluͤht wie praͤchtig Gras,<lb/> Sein Anſehn wird der Zeit zum Raube.<lb/> Der Weiſe, der in Sternen las,<lb/> Liegt ſchon geſtreckt im Staube!</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 3</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0049]
Erſtes Buch.
Allmaͤchtig dieſe Welten rief,
Am Firmament herum geſetzet.
Du ſprachſt, das Rad der Dinge lief,
Und laͤuft noch unverletzet.
Noch voller Jugend glaͤnzen ſie
Da ſchon Jahrtauſende vergangen!
Der Zeiten Wechſel raubet nie
Das Licht von ihren Wangen.
Hier aber unter ihrem Blick
Vergeht, verfliegt, veraltet alles.
Dem Thronenpomp, dem Cronengluͤck
Droht eine Zeit des Falles!
Der Menſch verbluͤht wie praͤchtig Gras,
Sein Anſehn wird der Zeit zum Raube.
Der Weiſe, der in Sternen las,
Liegt ſchon geſtreckt im Staube!
A 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/49 |
Zitationshilfe: | Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/49>, abgerufen am 16.02.2025. |