Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Zweytes Buch. Der weinende Amor, (Den 16ten des Heumonaths 1761.)bey Betrachtung einer Bildsäule zu Char- lottenburg im Garten. Was fehlt doch dem allmächtgen Götterkinde, Das alle Welt zu drohen scheint, Cytherens Sohn? Was that er denn für Sünde? Er ward gestraft, und weint? Die Thräne redet von der rechten Backen In stummer Sprache, Schmerz herab! Von Pfeilen leer hängt ihm der Köcher auf dem Nacken; Die grosse Venus gab Ihm einen Kelch voll Mutterzorn zu schmecken: Sie nahm ihm Pfeile. Was empfand Sein Stolz? Wie schaamvoll steht er sich das Auge decken, Mit seiner linken Hand? Zweytes Buch. Der weinende Amor, (Den 16ten des Heumonaths 1761.)bey Betrachtung einer Bildſaͤule zu Char- lottenburg im Garten. Was fehlt doch dem allmaͤchtgen Goͤtterkinde, Das alle Welt zu drohen ſcheint, Cytherens Sohn? Was that er denn fuͤr Suͤnde? Er ward geſtraft, und weint? Die Thraͤne redet von der rechten Backen In ſtummer Sprache, Schmerz herab! Von Pfeilen leer haͤngt ihm der Koͤcher auf dem Nacken; Die groſſe Venus gab Ihm einen Kelch voll Mutterzorn zu ſchmecken: Sie nahm ihm Pfeile. Was empfand Sein Stolz? Wie ſchaamvoll ſteht er ſich das Auge decken, Mit ſeiner linken Hand? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0377" n="333"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#b">Der weinende Amor,</hi><lb/> bey Betrachtung einer Bildſaͤule zu Char-<lb/> lottenburg im Garten.</head><lb/> <dateline> <hi rendition="#c">(Den 16ten des Heumonaths 1761.)</hi> </dateline><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <lg type="poem" n="1"> <l>Was fehlt doch dem allmaͤchtgen Goͤtterkinde,</l><lb/> <l>Das alle Welt zu drohen ſcheint,</l><lb/> <l>Cytherens Sohn? Was that er denn fuͤr Suͤnde?</l><lb/> <l>Er ward geſtraft, und weint?</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="2"> <l>Die Thraͤne redet von der rechten Backen</l><lb/> <l>In ſtummer Sprache, Schmerz herab!</l><lb/> <l>Von Pfeilen leer haͤngt ihm der Koͤcher auf dem Nacken;</l><lb/> <l>Die groſſe Venus gab</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="3"> <l>Ihm einen Kelch voll Mutterzorn zu ſchmecken:</l><lb/> <l>Sie nahm ihm Pfeile. Was empfand</l><lb/> <l>Sein Stolz? Wie ſchaamvoll ſteht er ſich das Auge decken,</l><lb/> <l>Mit ſeiner linken Hand?</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [333/0377]
Zweytes Buch.
Der weinende Amor,
bey Betrachtung einer Bildſaͤule zu Char-
lottenburg im Garten.
(Den 16ten des Heumonaths 1761.)
Was fehlt doch dem allmaͤchtgen Goͤtterkinde,
Das alle Welt zu drohen ſcheint,
Cytherens Sohn? Was that er denn fuͤr Suͤnde?
Er ward geſtraft, und weint?
Die Thraͤne redet von der rechten Backen
In ſtummer Sprache, Schmerz herab!
Von Pfeilen leer haͤngt ihm der Koͤcher auf dem Nacken;
Die groſſe Venus gab
Ihm einen Kelch voll Mutterzorn zu ſchmecken:
Sie nahm ihm Pfeile. Was empfand
Sein Stolz? Wie ſchaamvoll ſteht er ſich das Auge decken,
Mit ſeiner linken Hand?
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