O Tod, wie bitter bist du dem, Der reich war, der sich hier ein ewigs Leben dachte, Und alle Stunden angenehm Durch neuerfundne Freuden machte! Du kommst: sein Flittergold und seine Federbüsche, Die ihm das Glück, die ihm der Ruhm verschwend- risch gab, Das alles reissest du mit starkem Arm ihm ab. Und läg am Sterbebett auf einem Marmortische Der Zepter über eine Welt, Und wäre bey die Arzeneyen, Das Diadem von theurem Stein gestellt: Doch würde nichts den Menschen mehr erfreuen, Der itzt in deine Hände fällt. Doch, Menschenfeind, der alles so vergällt, Dich zu beschämen, will ich die Geschichte sagen,
Vermiſchte Gedichte.
Ein Wort an den Tod.
(Zu Magdeburg den 16ten Jenner 1762.)
O Tod, wie bitter biſt du dem, Der reich war, der ſich hier ein ewigs Leben dachte, Und alle Stunden angenehm Durch neuerfundne Freuden machte! Du kommſt: ſein Flittergold und ſeine Federbuͤſche, Die ihm das Gluͤck, die ihm der Ruhm verſchwend- riſch gab, Das alles reiſſeſt du mit ſtarkem Arm ihm ab. Und laͤg am Sterbebett auf einem Marmortiſche Der Zepter uͤber eine Welt, Und waͤre bey die Arzeneyen, Das Diadem von theurem Stein geſtellt: Doch wuͤrde nichts den Menſchen mehr erfreuen, Der itzt in deine Haͤnde faͤllt. Doch, Menſchenfeind, der alles ſo vergaͤllt, Dich zu beſchaͤmen, will ich die Geſchichte ſagen,
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0370"n="326"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vermiſchte Gedichte.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Ein Wort an den Tod.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#c">(Zu Magdeburg den 16ten Jenner 1762.)</hi></dateline><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"n="4"><l>O Tod, wie bitter biſt du dem,<lb/>
Der reich war, der ſich hier ein ewigs Leben dachte,<lb/>
Und alle Stunden angenehm<lb/>
Durch neuerfundne Freuden machte!<lb/>
Du kommſt: ſein Flittergold und ſeine Federbuͤſche,<lb/>
Die ihm das Gluͤck, die ihm der Ruhm verſchwend-<lb/><hirendition="#et">riſch gab,</hi><lb/>
Das alles reiſſeſt du mit ſtarkem Arm ihm ab.<lb/>
Und laͤg am Sterbebett auf einem Marmortiſche<lb/>
Der Zepter uͤber eine Welt,<lb/>
Und waͤre bey die Arzeneyen,<lb/>
Das Diadem von theurem Stein geſtellt:<lb/>
Doch wuͤrde nichts den Menſchen mehr erfreuen,<lb/>
Der itzt in deine Haͤnde faͤllt.<lb/>
Doch, Menſchenfeind, der alles ſo vergaͤllt,<lb/>
Dich zu beſchaͤmen, will ich die Geſchichte ſagen,<lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[326/0370]
Vermiſchte Gedichte.
Ein Wort an den Tod.
(Zu Magdeburg den 16ten Jenner 1762.)
O Tod, wie bitter biſt du dem,
Der reich war, der ſich hier ein ewigs Leben dachte,
Und alle Stunden angenehm
Durch neuerfundne Freuden machte!
Du kommſt: ſein Flittergold und ſeine Federbuͤſche,
Die ihm das Gluͤck, die ihm der Ruhm verſchwend-
riſch gab,
Das alles reiſſeſt du mit ſtarkem Arm ihm ab.
Und laͤg am Sterbebett auf einem Marmortiſche
Der Zepter uͤber eine Welt,
Und waͤre bey die Arzeneyen,
Das Diadem von theurem Stein geſtellt:
Doch wuͤrde nichts den Menſchen mehr erfreuen,
Der itzt in deine Haͤnde faͤllt.
Doch, Menſchenfeind, der alles ſo vergaͤllt,
Dich zu beſchaͤmen, will ich die Geſchichte ſagen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/370>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.