Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Zweytes Buch. Don Goldofon: oder der sterbende (Den 16ten des Wintermonaths 1761.)Geizige, eine Erzählung. Als Lissabon noch ganz in königlicher Pracht Dem alten Tyrus glich; durch Schiffarth stolz gemacht, Noch sein erhabnes Haupt bis an die Wolken thürmte, Eh' aus der Erd ein Gott die starke Hand erhub, Herauf an die Palläste stürmte, Und tief im Abgrund sie begrub: Da war ein reicher Mann, ein alter Portugiese. Der Reichthum fiel ihm zu. So häufen auf der Wiese Die Mäher trocknes Heu; und an des Meeres Strand Hat kleine Steinechen so ungezählt der Sand, Als dieser Goldofon, im raumichten Gewölbe Dublonen aufgehäust. Ihm gleichen an der Elbe Zweytes Buch. Don Goldofon: oder der ſterbende (Den 16ten des Wintermonaths 1761.)Geizige, eine Erzaͤhlung. Als Liſſabon noch ganz in koͤniglicher Pracht Dem alten Tyrus glich; durch Schiffarth ſtolz gemacht, Noch ſein erhabnes Haupt bis an die Wolken thuͤrmte, Eh’ aus der Erd ein Gott die ſtarke Hand erhub, Herauf an die Pallaͤſte ſtuͤrmte, Und tief im Abgrund ſie begrub: Da war ein reicher Mann, ein alter Portugieſe. Der Reichthum fiel ihm zu. So haͤufen auf der Wieſe Die Maͤher trocknes Heu; und an des Meeres Strand Hat kleine Steinechen ſo ungezaͤhlt der Sand, Als dieſer Goldofon, im raumichten Gewoͤlbe Dublonen aufgehaͤuſt. Ihm gleichen an der Elbe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0363" n="319"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#b">Don Goldofon: oder der ſterbende<lb/> Geizige,</hi><lb/><hi rendition="#g">eine Erzaͤhlung</hi>.</head><lb/> <dateline> <hi rendition="#c">(Den 16ten des Wintermonaths 1761.)</hi> </dateline><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l>Als Liſſabon noch ganz in koͤniglicher Pracht</l><lb/> <l>Dem alten Tyrus glich; durch Schiffarth ſtolz gemacht,</l><lb/> <l>Noch ſein erhabnes Haupt bis an die Wolken thuͤrmte,</l><lb/> <l>Eh’ aus der Erd ein Gott die ſtarke Hand erhub,</l><lb/> <l>Herauf an die Pallaͤſte ſtuͤrmte,</l><lb/> <l>Und tief im Abgrund ſie begrub:</l><lb/> <l>Da war ein reicher Mann, ein alter Portugieſe.</l><lb/> <l>Der Reichthum fiel ihm zu. So haͤufen auf der Wieſe</l><lb/> <l>Die Maͤher trocknes Heu; und an des Meeres Strand</l><lb/> <l>Hat kleine Steinechen ſo ungezaͤhlt der Sand,</l><lb/> <l>Als dieſer Goldofon, im raumichten Gewoͤlbe</l><lb/> <l>Dublonen aufgehaͤuſt. Ihm gleichen an der Elbe</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [319/0363]
Zweytes Buch.
Don Goldofon: oder der ſterbende
Geizige,
eine Erzaͤhlung.
(Den 16ten des Wintermonaths 1761.)
Als Liſſabon noch ganz in koͤniglicher Pracht
Dem alten Tyrus glich; durch Schiffarth ſtolz gemacht,
Noch ſein erhabnes Haupt bis an die Wolken thuͤrmte,
Eh’ aus der Erd ein Gott die ſtarke Hand erhub,
Herauf an die Pallaͤſte ſtuͤrmte,
Und tief im Abgrund ſie begrub:
Da war ein reicher Mann, ein alter Portugieſe.
Der Reichthum fiel ihm zu. So haͤufen auf der Wieſe
Die Maͤher trocknes Heu; und an des Meeres Strand
Hat kleine Steinechen ſo ungezaͤhlt der Sand,
Als dieſer Goldofon, im raumichten Gewoͤlbe
Dublonen aufgehaͤuſt. Ihm gleichen an der Elbe
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