Zur Zeit, da Luther und Calvin, Von Gott gerüstet, sich bestrebten, Die armen Menschen, die in dicker Blindheit lebten, Vom Aberglauben abzuziehn: Da war ein Wunderbild, geschmückt wie Kayserinnen. Die Lahmen beteten: Frau! heile meinen Fuß! Der taubgewordne gab der Erde manchen Kuß, Um sein Gehör hier wieder zu gewinnen; Das unfruchtbare Weib verließ den alten Mann, Und stellte grosse Wallfahrt an, Mit frommen Jünglingen, die auf der Mutter Rathen, Bey diesem Gnadenbild um gute Weiber baten, Die man so schwer erbitten kann!
Zweytes Buch.
Das Wunderbild, eine Erzaͤhlung.
Zur Zeit, da Luther und Calvin, Von Gott geruͤſtet, ſich beſtrebten, Die armen Menſchen, die in dicker Blindheit lebten, Vom Aberglauben abzuziehn: Da war ein Wunderbild, geſchmuͤckt wie Kayſerinnen. Die Lahmen beteten: Frau! heile meinen Fuß! Der taubgewordne gab der Erde manchen Kuß, Um ſein Gehoͤr hier wieder zu gewinnen; Das unfruchtbare Weib verließ den alten Mann, Und ſtellte groſſe Wallfahrt an, Mit frommen Juͤnglingen, die auf der Mutter Rathen, Bey dieſem Gnadenbild um gute Weiber baten, Die man ſo ſchwer erbitten kann!
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Zweytes Buch.
Das Wunderbild,
eine Erzaͤhlung.
Zur Zeit, da Luther und Calvin,
Von Gott geruͤſtet, ſich beſtrebten,
Die armen Menſchen, die in dicker Blindheit lebten,
Vom Aberglauben abzuziehn:
Da war ein Wunderbild, geſchmuͤckt wie Kayſerinnen.
Die Lahmen beteten: Frau! heile meinen Fuß!
Der taubgewordne gab der Erde manchen Kuß,
Um ſein Gehoͤr hier wieder zu gewinnen;
Das unfruchtbare Weib verließ den alten Mann,
Und ſtellte groſſe Wallfahrt an,
Mit frommen Juͤnglingen, die auf der Mutter Rathen,
Bey dieſem Gnadenbild um gute Weiber baten,
Die man ſo ſchwer erbitten kann!
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Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/359>, abgerufen am 23.02.2025.
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