Und würde, wär es ihm erlaubt, Den Schöpfer aller Wesen fragen: "Warum der hohen Ceder Haupt "Von schnellem Blitze ward zerschlagen? "Warum der Todes Engel schlug "Den Herrscher über Nationen, "Der in erhabner Brust so viel Entwürfe trug, "Die Tugend, das Verdienst, die Künste zu belohnen? "Und den, den schon sein Fleiß erhub. "Noch glänzender empor zu heben? Er ist nicht mehr! der Staub begrub Den, der ein Königreich, ein Land zurückzugeben, Mehr Seeligkeit, mehr Lust genannt, Als wenn er von dem Kayser-Sitze Des diamantnen Zepters Spitze Zu fremder Bothen Stirn gewandt! Er ist nicht mehr. Ihn segnet Preussen Noch in der Ewigkeit; ihm thönet Lobgedicht, Wenn Friedrichs Seufzer von ihm spricht; Und Engel horchen zu, und heissen Ihn göttlich, wie sein Freund ihn nennt! Er ward der Erde nicht gegönnt;
T 4
Erſtes Buch.
Und wuͤrde, waͤr es ihm erlaubt, Den Schoͤpfer aller Weſen fragen: ”Warum der hohen Ceder Haupt ”Von ſchnellem Blitze ward zerſchlagen? ”Warum der Todes Engel ſchlug ”Den Herrſcher uͤber Nationen, ”Der in erhabner Bruſt ſo viel Entwuͤrfe trug, ”Die Tugend, das Verdienſt, die Kuͤnſte zu belohnen? ”Und den, den ſchon ſein Fleiß erhub. ”Noch glaͤnzender empor zu heben? Er iſt nicht mehr! der Staub begrub Den, der ein Koͤnigreich, ein Land zuruͤckzugeben, Mehr Seeligkeit, mehr Luſt genannt, Als wenn er von dem Kayſer-Sitze Des diamantnen Zepters Spitze Zu fremder Bothen Stirn gewandt! Er iſt nicht mehr. Ihn ſegnet Preuſſen Noch in der Ewigkeit; ihm thoͤnet Lobgedicht, Wenn Friedrichs Seufzer von ihm ſpricht; Und Engel horchen zu, und heiſſen Ihn goͤttlich, wie ſein Freund ihn nennt! Er ward der Erde nicht gegoͤnnt;
T 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"n="22"><l><pbfacs="#f0339"n="295"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Erſtes Buch.</hi></fw><lb/>
Und wuͤrde, waͤr es ihm erlaubt,<lb/>
Den Schoͤpfer aller Weſen fragen:<lb/>”Warum der hohen Ceder Haupt<lb/>”Von ſchnellem Blitze ward zerſchlagen?<lb/>”Warum der Todes Engel ſchlug<lb/>”Den Herrſcher uͤber Nationen,<lb/>”Der in erhabner Bruſt ſo viel Entwuͤrfe trug,<lb/>”Die Tugend, das Verdienſt, die Kuͤnſte zu belohnen?<lb/>”Und den, den ſchon ſein Fleiß erhub.<lb/>”Noch glaͤnzender empor zu heben?<lb/>
Er iſt nicht mehr! der Staub begrub<lb/>
Den, der ein Koͤnigreich, ein Land zuruͤckzugeben,<lb/>
Mehr Seeligkeit, mehr Luſt genannt,<lb/>
Als wenn er von dem Kayſer-Sitze<lb/>
Des diamantnen Zepters Spitze<lb/>
Zu fremder Bothen Stirn gewandt!<lb/>
Er iſt nicht mehr. Ihn ſegnet Preuſſen<lb/>
Noch in der Ewigkeit; ihm thoͤnet Lobgedicht,<lb/>
Wenn Friedrichs Seufzer von ihm ſpricht;<lb/>
Und Engel horchen zu, und heiſſen<lb/>
Ihn goͤttlich, wie ſein Freund ihn nennt!<lb/>
Er ward der Erde nicht gegoͤnnt;<lb/><fwplace="bottom"type="sig">T 4</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[295/0339]
Erſtes Buch.
Und wuͤrde, waͤr es ihm erlaubt,
Den Schoͤpfer aller Weſen fragen:
”Warum der hohen Ceder Haupt
”Von ſchnellem Blitze ward zerſchlagen?
”Warum der Todes Engel ſchlug
”Den Herrſcher uͤber Nationen,
”Der in erhabner Bruſt ſo viel Entwuͤrfe trug,
”Die Tugend, das Verdienſt, die Kuͤnſte zu belohnen?
”Und den, den ſchon ſein Fleiß erhub.
”Noch glaͤnzender empor zu heben?
Er iſt nicht mehr! der Staub begrub
Den, der ein Koͤnigreich, ein Land zuruͤckzugeben,
Mehr Seeligkeit, mehr Luſt genannt,
Als wenn er von dem Kayſer-Sitze
Des diamantnen Zepters Spitze
Zu fremder Bothen Stirn gewandt!
Er iſt nicht mehr. Ihn ſegnet Preuſſen
Noch in der Ewigkeit; ihm thoͤnet Lobgedicht,
Wenn Friedrichs Seufzer von ihm ſpricht;
Und Engel horchen zu, und heiſſen
Ihn goͤttlich, wie ſein Freund ihn nennt!
Er ward der Erde nicht gegoͤnnt;
T 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/339>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.