Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Gedichte.
Gliphästions wirklicher Traum.



Gliphästion, mein Freund, der nicht zu träumen
pflegt,
Nicht abergläubisch forscht, nicht Zeichendeuter frägt,
Der Kuß und Freuden nimmt, die ungeweissagt kommen;
Gliphästion, mein Freund, ist einer von den Frommen,
Die Zevs, indem er schuf, schönherzig hat gemacht.
Er lag in einer Winternacht
Im besten Schlaf, den je das Gastmahl noch gebracht,
Wo, mit dem Duft vom Wein, geselliges Vergnügen
Den Freunden in den Kopf gestiegen,
Und vom Gespräch ihr Herz berauscht gemacht.
Er schlief so süß, als wie bey einem Wasserfalle,
In weichem Graß, ein Wandrer schlafen liegt;
Er sah im Traum Roms Helden alle
Vermiſchte Gedichte.
Gliphaͤſtions wirklicher Traum.



Gliphaͤſtion, mein Freund, der nicht zu traͤumen
pflegt,
Nicht aberglaͤubiſch forſcht, nicht Zeichendeuter fraͤgt,
Der Kuß und Freuden nimmt, die ungeweiſſagt kommen;
Gliphaͤſtion, mein Freund, iſt einer von den Frommen,
Die Zevs, indem er ſchuf, ſchoͤnherzig hat gemacht.
Er lag in einer Winternacht
Im beſten Schlaf, den je das Gaſtmahl noch gebracht,
Wo, mit dem Duft vom Wein, geſelliges Vergnuͤgen
Den Freunden in den Kopf geſtiegen,
Und vom Geſpraͤch ihr Herz berauſcht gemacht.
Er ſchlief ſo ſuͤß, als wie bey einem Waſſerfalle,
In weichem Graß, ein Wandrer ſchlafen liegt;
Er ſah im Traum Roms Helden alle
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0330" n="286"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Glipha&#x0364;&#x017F;tions wirklicher Traum.</hi> </head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#c">(Zu Berlin den 6ten des Brachmonaths 1761.)</hi> </dateline><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem" n="9">
            <l>Glipha&#x0364;&#x017F;tion, mein Freund, der nicht zu tra&#x0364;umen<lb/><hi rendition="#et">pflegt,</hi><lb/>
Nicht abergla&#x0364;ubi&#x017F;ch for&#x017F;cht, nicht Zeichendeuter fra&#x0364;gt,<lb/>
Der Kuß und Freuden nimmt, die ungewei&#x017F;&#x017F;agt kommen;<lb/>
Glipha&#x0364;&#x017F;tion, mein Freund, i&#x017F;t einer von den Frommen,<lb/>
Die Zevs, indem er &#x017F;chuf, &#x017F;cho&#x0364;nherzig hat gemacht.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem" n="10">
            <l>Er lag in einer Winternacht<lb/>
Im be&#x017F;ten Schlaf, den je das Ga&#x017F;tmahl noch gebracht,<lb/>
Wo, mit dem Duft vom Wein, ge&#x017F;elliges Vergnu&#x0364;gen<lb/>
Den Freunden in den Kopf ge&#x017F;tiegen,<lb/>
Und vom Ge&#x017F;pra&#x0364;ch ihr Herz berau&#x017F;cht gemacht.<lb/>
Er &#x017F;chlief &#x017F;o &#x017F;u&#x0364;ß, als wie bey einem Wa&#x017F;&#x017F;erfalle,<lb/>
In weichem Graß, ein Wandrer &#x017F;chlafen liegt;<lb/>
Er &#x017F;ah im Traum Roms Helden alle<lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0330] Vermiſchte Gedichte. Gliphaͤſtions wirklicher Traum. (Zu Berlin den 6ten des Brachmonaths 1761.) Gliphaͤſtion, mein Freund, der nicht zu traͤumen pflegt, Nicht aberglaͤubiſch forſcht, nicht Zeichendeuter fraͤgt, Der Kuß und Freuden nimmt, die ungeweiſſagt kommen; Gliphaͤſtion, mein Freund, iſt einer von den Frommen, Die Zevs, indem er ſchuf, ſchoͤnherzig hat gemacht. Er lag in einer Winternacht Im beſten Schlaf, den je das Gaſtmahl noch gebracht, Wo, mit dem Duft vom Wein, geſelliges Vergnuͤgen Den Freunden in den Kopf geſtiegen, Und vom Geſpraͤch ihr Herz berauſcht gemacht. Er ſchlief ſo ſuͤß, als wie bey einem Waſſerfalle, In weichem Graß, ein Wandrer ſchlafen liegt; Er ſah im Traum Roms Helden alle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/330
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/330>, abgerufen am 20.11.2024.