Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Vorrede. erregen, keinen einzigen Umstand, worauswir begreifen könnten, daß gelernte Regeln bey ihr die Stelle des Genies vertreten. Sie ist in einem Stande gebohren, der zu- nächst an den niedrigsten gränzet, ihre Erzie- hung, die Beschäftigungen ihrer Kindheit und ersten Jugend, waren der Niedrigkeit ihrer Geburt angemessen; in ihren reiferen Jahren aber waren ihre Umstände so, daß ihr Geist nothwendig in den tiefsten Staub wäre niedergedruckt worden, wenn die Na- tur nicht weit stärker wäre, als alle Hinder- nisse, die ihr entgegen würken. Sie ist im Jahr 1722. an der Gränze Vorrede. erregen, keinen einzigen Umſtand, worauswir begreifen koͤnnten, daß gelernte Regeln bey ihr die Stelle des Genies vertreten. Sie iſt in einem Stande gebohren, der zu- naͤchſt an den niedrigſten graͤnzet, ihre Erzie- hung, die Beſchaͤftigungen ihrer Kindheit und erſten Jugend, waren der Niedrigkeit ihrer Geburt angemeſſen; in ihren reiferen Jahren aber waren ihre Umſtaͤnde ſo, daß ihr Geiſt nothwendig in den tiefſten Staub waͤre niedergedruckt worden, wenn die Na- tur nicht weit ſtaͤrker waͤre, als alle Hinder- niſſe, die ihr entgegen wuͤrken. Sie iſt im Jahr 1722. an der Graͤnze <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0016" n="XII"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/> erregen, keinen einzigen Umſtand, woraus<lb/> wir begreifen koͤnnten, daß gelernte Regeln<lb/> bey ihr die Stelle des Genies vertreten.<lb/> Sie iſt in einem Stande gebohren, der zu-<lb/> naͤchſt an den niedrigſten graͤnzet, ihre Erzie-<lb/> hung, die Beſchaͤftigungen ihrer Kindheit<lb/> und erſten Jugend, waren der Niedrigkeit<lb/> ihrer Geburt angemeſſen; in ihren reiferen<lb/> Jahren aber waren ihre Umſtaͤnde ſo, daß<lb/> ihr Geiſt nothwendig in den tiefſten Staub<lb/> waͤre niedergedruckt worden, wenn die Na-<lb/> tur nicht weit ſtaͤrker waͤre, als alle Hinder-<lb/> niſſe, die ihr entgegen wuͤrken.</p><lb/> <p>Sie iſt im Jahr 1722. an der Graͤnze<lb/> von Niederſchleſien, zwiſchen Zuͤllichau,<lb/> Schwiebus und Croſſen an einem kleinen<lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [XII/0016]
Vorrede.
erregen, keinen einzigen Umſtand, woraus
wir begreifen koͤnnten, daß gelernte Regeln
bey ihr die Stelle des Genies vertreten.
Sie iſt in einem Stande gebohren, der zu-
naͤchſt an den niedrigſten graͤnzet, ihre Erzie-
hung, die Beſchaͤftigungen ihrer Kindheit
und erſten Jugend, waren der Niedrigkeit
ihrer Geburt angemeſſen; in ihren reiferen
Jahren aber waren ihre Umſtaͤnde ſo, daß
ihr Geiſt nothwendig in den tiefſten Staub
waͤre niedergedruckt worden, wenn die Na-
tur nicht weit ſtaͤrker waͤre, als alle Hinder-
niſſe, die ihr entgegen wuͤrken.
Sie iſt im Jahr 1722. an der Graͤnze
von Niederſchleſien, zwiſchen Zuͤllichau,
Schwiebus und Croſſen an einem kleinen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |