schaffenheit jener sonst gänzlich für uns verborgenen We- sen geschlossen werden kann.
Also liegt der Grund der auf dem blos theoretischen Wege verfehlten Absicht, Gott und Unsterblichkeit zu be- weisen, darinn: daß von dem Uebersinnlichen auf die- sem Wege (der Naturbegriffe) gar kein Erkenntnis mög- lich ist, und, daß es dagegen auf dem moralischen (des Freyheitsbegrifs) gelingt, hat diesen Grund, daß hier das Uebersinnliche, was dabey zum Grunde liegt (die Freyheit), durch ein bestimmtes Gesetz der Causalität, welches aus ihm entspringt nicht allein Stoff zum Er- kenntnis des andern Uebersinnlichen (des moralischen Endzwecks und den Bedingen seiner Ausführbarkeit) verschaft, sondern auch als Thatsache seine Realität in Handlungen darthut, aber eben darum auch keinen an- dern, als nur in practischer Absicht (welche auch die ein- zige ist, die die Religion bedarf) gültigen Beweisgrund abgeben kann.
Es bleibt hiebey immer sehr merkwürdig: daß unter den drey reinen Vernunftideen, Gott, Freyheit und Unsterblichkeit, die der Freyheit der einzige Begrif des Uebersinnlichen ist, welcher seine objective Realität (vermittelst der Caussalität, die in ihm gedacht wird) an der Natur, durch ihre in derselben mögliche Wirkung, beweiset und eben dadurch die Verknüpfung der beyden andern mit der Natur, aller dreyer aber unter einander zu einer Religion möglich macht und daß wir also in
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
ſchaffenheit jener ſonſt gaͤnzlich fuͤr uns verborgenen We- ſen geſchloſſen werden kann.
Alſo liegt der Grund der auf dem blos theoretiſchen Wege verfehlten Abſicht, Gott und Unſterblichkeit zu be- weiſen, darinn: daß von dem Ueberſinnlichen auf die- ſem Wege (der Naturbegriffe) gar kein Erkenntnis moͤg- lich iſt, und, daß es dagegen auf dem moraliſchen (des Freyheitsbegrifs) gelingt, hat dieſen Grund, daß hier das Ueberſinnliche, was dabey zum Grunde liegt (die Freyheit), durch ein beſtimmtes Geſetz der Cauſalitaͤt, welches aus ihm entſpringt nicht allein Stoff zum Er- kenntnis des andern Ueberſinnlichen (des moraliſchen Endzwecks und den Bedingen ſeiner Ausfuͤhrbarkeit) verſchaft, ſondern auch als Thatſache ſeine Realitaͤt in Handlungen darthut, aber eben darum auch keinen an- dern, als nur in practiſcher Abſicht (welche auch die ein- zige iſt, die die Religion bedarf) guͤltigen Beweisgrund abgeben kann.
Es bleibt hiebey immer ſehr merkwuͤrdig: daß unter den drey reinen Vernunftideen, Gott, Freyheit und Unſterblichkeit, die der Freyheit der einzige Begrif des Ueberſinnlichen iſt, welcher ſeine objective Realitaͤt (vermittelſt der Cauſſalitaͤt, die in ihm gedacht wird) an der Natur, durch ihre in derſelben moͤgliche Wirkung, beweiſet und eben dadurch die Verknuͤpfung der beyden andern mit der Natur, aller dreyer aber unter einander zu einer Religion moͤglich macht und daß wir alſo in
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
ſchaffenheit jener ſonſt gaͤnzlich fuͤr uns verborgenen We-
ſen geſchloſſen werden kann.
Alſo liegt der Grund der auf dem blos theoretiſchen
Wege verfehlten Abſicht, Gott und Unſterblichkeit zu be-
weiſen, darinn: daß von dem Ueberſinnlichen auf die-
ſem Wege (der Naturbegriffe) gar kein Erkenntnis moͤg-
lich iſt, und, daß es dagegen auf dem moraliſchen (des
Freyheitsbegrifs) gelingt, hat dieſen Grund, daß hier
das Ueberſinnliche, was dabey zum Grunde liegt (die
Freyheit), durch ein beſtimmtes Geſetz der Cauſalitaͤt,
welches aus ihm entſpringt nicht allein Stoff zum Er-
kenntnis des andern Ueberſinnlichen (des moraliſchen
Endzwecks und den Bedingen ſeiner Ausfuͤhrbarkeit)
verſchaft, ſondern auch als Thatſache ſeine Realitaͤt in
Handlungen darthut, aber eben darum auch keinen an-
dern, als nur in practiſcher Abſicht (welche auch die ein-
zige iſt, die die Religion bedarf) guͤltigen Beweisgrund
abgeben kann.
Es bleibt hiebey immer ſehr merkwuͤrdig: daß unter
den drey reinen Vernunftideen, Gott, Freyheit und
Unſterblichkeit, die der Freyheit der einzige Begrif
des Ueberſinnlichen iſt, welcher ſeine objective Realitaͤt
(vermittelſt der Cauſſalitaͤt, die in ihm gedacht wird) an
der Natur, durch ihre in derſelben moͤgliche Wirkung,
beweiſet und eben dadurch die Verknuͤpfung der beyden
andern mit der Natur, aller dreyer aber unter einander
zu einer Religion moͤglich macht und daß wir alſo in
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/525>, abgerufen am 05.12.2024.
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