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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.

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II. Th. Critik der teleologischen Urtheilskraft.
schon voraus|setzt und jene also nicht im mindesten be-
greiflicher macht, oder die Seele zur Künstlerin dieses
Bauwerks machen, und so das Product der Natur (der
körperlichen) entziehen muß. Genau zu reden hat also
die Organisation der Natur nichts Analogisches mit
irgend einer Caussalität die wir kennen *), Schönheit der
Natur, weil sie den Gegenständen nur in Beziehung auf
die Reflexion über die äußere Anschauung derselben,
mithin nur der Form der Oberfläche wegen beygelegt
wird, kann mit Recht ein Analogon der Kunst genannt
werden. Aber innere Naturvollkommenheit,
dergleichen Dinge besitzen, die nur als Naturzwecke
möglich sind und darum organisirte Wesen heißen, sind
nach keiner Analogie irgend eines uns bekannten physi-
schen d. i. Natur-Vermögens, ja da wir selbst zur Na-
tur im weitesten Verstande gehören, selbst nicht einmal
durch eine genau angemessene Analogie mit menschlicher
Kunst denkbar und erklärlich.

*) Man kann umgekehrt einer gewissen Verbindung, die aber
auch mehr in der Jdee als in der Wirklichkeit angetroffen
wird, durch eine Analogie mit den genannten unmittelbaren
Naturzwecken Licht geben. So hat man sich, bey einer
neuerlich unternommenen gänzlichen Umbildung eines großen
Volks zu einem Staat, des Worts Organisation häufig
für Einrichtung der Magistraturen u. s. w. und selbst des
ganzen Staatskörpers sehr schicklich bedient. Denn jedes
Glied soll freylich in einem solchen Ganzen nicht blos Mit-
tel, sondern zugleich auch Zweck und, indem es zu der Mög-
lichkeit des Ganzen mitwirkt, durch die Jdee des Ganzen
wiederum, seiner Stelle und Function nach, bestimmt seyn.

II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
ſchon voraus|ſetzt und jene alſo nicht im mindeſten be-
greiflicher macht, oder die Seele zur Kuͤnſtlerin dieſes
Bauwerks machen, und ſo das Product der Natur (der
koͤrperlichen) entziehen muß. Genau zu reden hat alſo
die Organiſation der Natur nichts Analogiſches mit
irgend einer Cauſſalitaͤt die wir kennen *), Schoͤnheit der
Natur, weil ſie den Gegenſtaͤnden nur in Beziehung auf
die Reflexion uͤber die aͤußere Anſchauung derſelben,
mithin nur der Form der Oberflaͤche wegen beygelegt
wird, kann mit Recht ein Analogon der Kunſt genannt
werden. Aber innere Naturvollkommenheit,
dergleichen Dinge beſitzen, die nur als Naturzwecke
moͤglich ſind und darum organiſirte Weſen heißen, ſind
nach keiner Analogie irgend eines uns bekannten phyſi-
ſchen d. i. Natur-Vermoͤgens, ja da wir ſelbſt zur Na-
tur im weiteſten Verſtande gehoͤren, ſelbſt nicht einmal
durch eine genau angemeſſene Analogie mit menſchlicher
Kunſt denkbar und erklaͤrlich.

*) Man kann umgekehrt einer gewiſſen Verbindung, die aber
auch mehr in der Jdee als in der Wirklichkeit angetroffen
wird, durch eine Analogie mit den genannten unmittelbaren
Naturzwecken Licht geben. So hat man ſich, bey einer
neuerlich unternommenen gaͤnzlichen Umbildung eines großen
Volks zu einem Staat, des Worts Organiſation haͤufig
fuͤr Einrichtung der Magiſtraturen u. ſ. w. und ſelbſt des
ganzen Staatskoͤrpers ſehr ſchicklich bedient. Denn jedes
Glied ſoll freylich in einem ſolchen Ganzen nicht blos Mit-
tel, ſondern zugleich auch Zweck und, indem es zu der Moͤg-
lichkeit des Ganzen mitwirkt, durch die Jdee des Ganzen
wiederum, ſeiner Stelle und Function nach, beſtimmt ſeyn.
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[290/0354] II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft. ſchon voraus|ſetzt und jene alſo nicht im mindeſten be- greiflicher macht, oder die Seele zur Kuͤnſtlerin dieſes Bauwerks machen, und ſo das Product der Natur (der koͤrperlichen) entziehen muß. Genau zu reden hat alſo die Organiſation der Natur nichts Analogiſches mit irgend einer Cauſſalitaͤt die wir kennen *), Schoͤnheit der Natur, weil ſie den Gegenſtaͤnden nur in Beziehung auf die Reflexion uͤber die aͤußere Anſchauung derſelben, mithin nur der Form der Oberflaͤche wegen beygelegt wird, kann mit Recht ein Analogon der Kunſt genannt werden. Aber innere Naturvollkommenheit, dergleichen Dinge beſitzen, die nur als Naturzwecke moͤglich ſind und darum organiſirte Weſen heißen, ſind nach keiner Analogie irgend eines uns bekannten phyſi- ſchen d. i. Natur-Vermoͤgens, ja da wir ſelbſt zur Na- tur im weiteſten Verſtande gehoͤren, ſelbſt nicht einmal durch eine genau angemeſſene Analogie mit menſchlicher Kunſt denkbar und erklaͤrlich. *) Man kann umgekehrt einer gewiſſen Verbindung, die aber auch mehr in der Jdee als in der Wirklichkeit angetroffen wird, durch eine Analogie mit den genannten unmittelbaren Naturzwecken Licht geben. So hat man ſich, bey einer neuerlich unternommenen gaͤnzlichen Umbildung eines großen Volks zu einem Staat, des Worts Organiſation haͤufig fuͤr Einrichtung der Magiſtraturen u. ſ. w. und ſelbſt des ganzen Staatskoͤrpers ſehr ſchicklich bedient. Denn jedes Glied ſoll freylich in einem ſolchen Ganzen nicht blos Mit- tel, ſondern zugleich auch Zweck und, indem es zu der Moͤg- lichkeit des Ganzen mitwirkt, durch die Jdee des Ganzen wiederum, ſeiner Stelle und Function nach, beſtimmt ſeyn.

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/354>, abgerufen am 28.11.2024.