müthszustandes Analogisches enthalten. Der Geschmack macht gleichsam den Uebergang vom Sinnenreiz zum habituellen moralischen Jnteresse, ohne einen zu gewalt- samen, Sprung, möglich, indem er die Einbildungs- kraft auch in ihrer Freyheit als zweckmäßig für den Ver- stand bestimmbar vorstellt, und sogar an Gegenständen der Sinne auch ohne Sinnenreiz ein freyes Wohlgefallen zu finden lehrt.
§. 60. Anhang. Von der Methodenlehre des Geschmacks.
Die Eintheilung einer Critik in Elementarlehre und Methodenlehre, welche vor der Wissenschaft vorhergeht, läßt sich auf die Geschmackscritik nicht anwenden; weil es keine Wissenschaft des Schönen giebt noch geben kann, und das Urtheil des Geschmacks nicht durch Prin- cipien bestimmbar ist. Denn was das Wissenschaftliche in jeder Kunst anlangt, welches auf Wahrheit in der Darstellung ihres Objects geht, so ist dieses zwar die unumgängliche Bedingung (conditio sine qua non) der schönen Kunst, aber diese nicht selber. Es giebt also für die schöne Kunst nur eine Manier (modus) nicht Lehrart (methodus). Der Meister muß es vormachen, was und wie es der Schüler zu Stande bringen soll und die allgemeine Regeln, darunter er zuletzt sein Verfah-
Kants Crit. d. Urtheilskr. R
I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
muͤthszuſtandes Analogiſches enthalten. Der Geſchmack macht gleichſam den Uebergang vom Sinnenreiz zum habituellen moraliſchen Jntereſſe, ohne einen zu gewalt- ſamen, Sprung, moͤglich, indem er die Einbildungs- kraft auch in ihrer Freyheit als zweckmaͤßig fuͤr den Ver- ſtand beſtimmbar vorſtellt, und ſogar an Gegenſtaͤnden der Sinne auch ohne Sinnenreiz ein freyes Wohlgefallen zu finden lehrt.
§. 60. Anhang. Von der Methodenlehre des Geſchmacks.
Die Eintheilung einer Critik in Elementarlehre und Methodenlehre, welche vor der Wiſſenſchaft vorhergeht, laͤßt ſich auf die Geſchmackscritik nicht anwenden; weil es keine Wiſſenſchaft des Schoͤnen giebt noch geben kann, und das Urtheil des Geſchmacks nicht durch Prin- cipien beſtimmbar iſt. Denn was das Wiſſenſchaftliche in jeder Kunſt anlangt, welches auf Wahrheit in der Darſtellung ihres Objects geht, ſo iſt dieſes zwar die unumgaͤngliche Bedingung (conditio ſine qua non) der ſchoͤnen Kunſt, aber dieſe nicht ſelber. Es giebt alſo fuͤr die ſchoͤne Kunſt nur eine Manier (modus) nicht Lehrart (methodus). Der Meiſter muß es vormachen, was und wie es der Schuͤler zu Stande bringen ſoll und die allgemeine Regeln, darunter er zuletzt ſein Verfah-
Kants Crit. d. Urtheilskr. R
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I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
muͤthszuſtandes Analogiſches enthalten. Der Geſchmack
macht gleichſam den Uebergang vom Sinnenreiz zum
habituellen moraliſchen Jntereſſe, ohne einen zu gewalt-
ſamen, Sprung, moͤglich, indem er die Einbildungs-
kraft auch in ihrer Freyheit als zweckmaͤßig fuͤr den Ver-
ſtand beſtimmbar vorſtellt, und ſogar an Gegenſtaͤnden
der Sinne auch ohne Sinnenreiz ein freyes Wohlgefallen
zu finden lehrt.
§. 60.
Anhang.
Von der Methodenlehre des Geſchmacks.
Die Eintheilung einer Critik in Elementarlehre und
Methodenlehre, welche vor der Wiſſenſchaft vorhergeht,
laͤßt ſich auf die Geſchmackscritik nicht anwenden; weil
es keine Wiſſenſchaft des Schoͤnen giebt noch geben
kann, und das Urtheil des Geſchmacks nicht durch Prin-
cipien beſtimmbar iſt. Denn was das Wiſſenſchaftliche
in jeder Kunſt anlangt, welches auf Wahrheit in der
Darſtellung ihres Objects geht, ſo iſt dieſes zwar die
unumgaͤngliche Bedingung (conditio ſine qua non) der
ſchoͤnen Kunſt, aber dieſe nicht ſelber. Es giebt alſo
fuͤr die ſchoͤne Kunſt nur eine Manier (modus) nicht
Lehrart (methodus). Der Meiſter muß es vormachen,
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/321>, abgerufen am 22.12.2024.
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