Jst das Allgemeine (die Regel, das Princip, das Ge- setz) gegeben, so ist die Urtheilskraft, welche das Be- sondere darunter subsumirt (auch, wenn sie als trans- scendentale Urtheilskraft, a priori die Bedingnngen an- giebt, denen gemäs allein unter jenem Allgemeinen sub- sumirt werden kann) bestimmend. Jst aber nur das besondere gegeben, wozu sie das Allgemeine finden soll, so ist die Urtheilskraft blos reflectirend.
Die bestimmende Urtheilskraft unter allgemeinen transscendentalen Gesetzen, die der Verstand giebt, ist nur subsummirend; das Gesetz ist ihr a priori vorgezeich- net, und sie hat also nicht nöthig für sich selbst auf ein Gesetz zu denken, um das besondere in der Natur dem Allgemeinen unterordnen zu können. -- Allein es sind so mannigfaltige Formen der Natur, gleichsam so viele Modificationen der allgemeinen transscendentalen Natur- begriffe, die durch jene Gesetze, welche der reine Ver- stand a priori giebt, weil dieselbe nur auf die Möglich- keit einer Natur (als Gegenstandes der Sinne) überhaupt gehen, unbestimmt gelassen werden, daß dafür doch auch Gesetze seyn müssen, die zwar, als empirische, nach unserer Verstandeseinsicht zufällig seyn mögen, die aber doch, wenn sie Gesetze heißen sollen, (wie es auch der Begrif einer Natur erfordert) aus einem, wenn gleich uns unbekannten Princip der Einheit des mannigfalti- gen, als nothwendig angesehen werden müssen. -- Die reflectirende Urtheilskraft, die von dem Besondern in der
Einleitung.
Jſt das Allgemeine (die Regel, das Princip, das Ge- ſetz) gegeben, ſo iſt die Urtheilskraft, welche das Be- ſondere darunter ſubſumirt (auch, wenn ſie als trans- ſcendentale Urtheilskraft, a priori die Bedingnngen an- giebt, denen gemaͤs allein unter jenem Allgemeinen ſub- ſumirt werden kann) beſtimmend. Jſt aber nur das beſondere gegeben, wozu ſie das Allgemeine finden ſoll, ſo iſt die Urtheilskraft blos reflectirend.
Die beſtimmende Urtheilskraft unter allgemeinen transſcendentalen Geſetzen, die der Verſtand giebt, iſt nur ſubſummirend; das Geſetz iſt ihr a priori vorgezeich- net, und ſie hat alſo nicht noͤthig fuͤr ſich ſelbſt auf ein Geſetz zu denken, um das beſondere in der Natur dem Allgemeinen unterordnen zu koͤnnen. — Allein es ſind ſo mannigfaltige Formen der Natur, gleichſam ſo viele Modificationen der allgemeinen transſcendentalen Natur- begriffe, die durch jene Geſetze, welche der reine Ver- ſtand a priori giebt, weil dieſelbe nur auf die Moͤglich- keit einer Natur (als Gegenſtandes der Sinne) uͤberhaupt gehen, unbeſtimmt gelaſſen werden, daß dafuͤr doch auch Geſetze ſeyn muͤſſen, die zwar, als empiriſche, nach unſerer Verſtandeseinſicht zufaͤllig ſeyn moͤgen, die aber doch, wenn ſie Geſetze heißen ſollen, (wie es auch der Begrif einer Natur erfordert) aus einem, wenn gleich uns unbekannten Princip der Einheit des mannigfalti- gen, als nothwendig angeſehen werden muͤſſen. — Die reflectirende Urtheilskraft, die von dem Beſondern in der
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[XXIIII[XXIV]/0030]
Einleitung.
Jſt das Allgemeine (die Regel, das Princip, das Ge-
ſetz) gegeben, ſo iſt die Urtheilskraft, welche das Be-
ſondere darunter ſubſumirt (auch, wenn ſie als trans-
ſcendentale Urtheilskraft, a priori die Bedingnngen an-
giebt, denen gemaͤs allein unter jenem Allgemeinen ſub-
ſumirt werden kann) beſtimmend. Jſt aber nur das
beſondere gegeben, wozu ſie das Allgemeine finden ſoll,
ſo iſt die Urtheilskraft blos reflectirend.
Die beſtimmende Urtheilskraft unter allgemeinen
transſcendentalen Geſetzen, die der Verſtand giebt, iſt
nur ſubſummirend; das Geſetz iſt ihr a priori vorgezeich-
net, und ſie hat alſo nicht noͤthig fuͤr ſich ſelbſt auf ein
Geſetz zu denken, um das beſondere in der Natur dem
Allgemeinen unterordnen zu koͤnnen. — Allein es ſind
ſo mannigfaltige Formen der Natur, gleichſam ſo viele
Modificationen der allgemeinen transſcendentalen Natur-
begriffe, die durch jene Geſetze, welche der reine Ver-
ſtand a priori giebt, weil dieſelbe nur auf die Moͤglich-
keit einer Natur (als Gegenſtandes der Sinne) uͤberhaupt
gehen, unbeſtimmt gelaſſen werden, daß dafuͤr doch auch
Geſetze ſeyn muͤſſen, die zwar, als empiriſche, nach
unſerer Verſtandeseinſicht zufaͤllig ſeyn moͤgen, die
aber doch, wenn ſie Geſetze heißen ſollen, (wie es auch
der Begrif einer Natur erfordert) aus einem, wenn gleich
uns unbekannten Princip der Einheit des mannigfalti-
gen, als nothwendig angeſehen werden muͤſſen. — Die
reflectirende Urtheilskraft, die von dem Beſondern in der
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. XXIIII[XXIV]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/30>, abgerufen am 04.12.2024.
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