Wir werden also nur die Deduction der Geschmacks- urtheile, d. i. derer, über die Schönheit der Naturdinge, zu suchen haben und so der Aufgabe für die gesammte ästhetische Urtheilskraft im Ganzen ein Genüge thun.
§. 31. Von der Methode der Deduction der Ge- schmacksurtheile.
Die Obliegenheit einer Deduction d. i. der Gewähr- leistung der Rechtmäßigkeit einer Art Urtheile, tritt nur ein, wenn das Urtheil Anspruch auf Nothwendigkeit macht, welches der Fall auch alsdenn ist, wenn es sub- jective Allgemeinheit, d. i. jedermanns Beystimmung fordert, indessen daß es doch kein Erkenntnisurtheil, sondern nur der Lust oder Unlust an einem gegebenen Ge- genstande, d. i. Anmaßung einer durchgängig für jeder- mann geltenden subjectiven Zweckmäßigkeit ist, die sich auf keine Begriffe von der Sache gründen soll, weil es Geschmacksurtheil ist.
Da wir im letztern Falle kein Erkenntnisurtheil, weder ein theoretisches, welches den Begrif einer Na- tur überhaupt durch den Verstand, noch ein (reines) practisches, welches die Jdee der Freyheit, als a priori durch die Vernunft gegeben, zum Grunde legt, vor uns haben und also weder ein Urtheil, welches vorstellt, was eine Sache ist, noch daß ich, um sie hervorzubringen, etwas verrichten soll, nach seiner Gültigkeit a priori zu
I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
Wir werden alſo nur die Deduction der Geſchmacks- urtheile, d. i. derer, uͤber die Schoͤnheit der Naturdinge, zu ſuchen haben und ſo der Aufgabe fuͤr die geſammte aͤſthetiſche Urtheilskraft im Ganzen ein Genuͤge thun.
§. 31. Von der Methode der Deduction der Ge- ſchmacksurtheile.
Die Obliegenheit einer Deduction d. i. der Gewaͤhr- leiſtung der Rechtmaͤßigkeit einer Art Urtheile, tritt nur ein, wenn das Urtheil Anſpruch auf Nothwendigkeit macht, welches der Fall auch alsdenn iſt, wenn es ſub- jective Allgemeinheit, d. i. jedermanns Beyſtimmung fordert, indeſſen daß es doch kein Erkenntnisurtheil, ſondern nur der Luſt oder Unluſt an einem gegebenen Ge- genſtande, d. i. Anmaßung einer durchgaͤngig fuͤr jeder- mann geltenden ſubjectiven Zweckmaͤßigkeit iſt, die ſich auf keine Begriffe von der Sache gruͤnden ſoll, weil es Geſchmacksurtheil iſt.
Da wir im letztern Falle kein Erkenntnisurtheil, weder ein theoretiſches, welches den Begrif einer Na- tur uͤberhaupt durch den Verſtand, noch ein (reines) practiſches, welches die Jdee der Freyheit, als a priori durch die Vernunft gegeben, zum Grunde legt, vor uns haben und alſo weder ein Urtheil, welches vorſtellt, was eine Sache iſt, noch daß ich, um ſie hervorzubringen, etwas verrichten ſoll, nach ſeiner Guͤltigkeit a priori zu
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I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
Wir werden alſo nur die Deduction der Geſchmacks-
urtheile, d. i. derer, uͤber die Schoͤnheit der Naturdinge,
zu ſuchen haben und ſo der Aufgabe fuͤr die geſammte
aͤſthetiſche Urtheilskraft im Ganzen ein Genuͤge thun.
§. 31.
Von der Methode der Deduction der Ge-
ſchmacksurtheile.
Die Obliegenheit einer Deduction d. i. der Gewaͤhr-
leiſtung der Rechtmaͤßigkeit einer Art Urtheile, tritt nur
ein, wenn das Urtheil Anſpruch auf Nothwendigkeit
macht, welches der Fall auch alsdenn iſt, wenn es ſub-
jective Allgemeinheit, d. i. jedermanns Beyſtimmung
fordert, indeſſen daß es doch kein Erkenntnisurtheil,
ſondern nur der Luſt oder Unluſt an einem gegebenen Ge-
genſtande, d. i. Anmaßung einer durchgaͤngig fuͤr jeder-
mann geltenden ſubjectiven Zweckmaͤßigkeit iſt, die ſich
auf keine Begriffe von der Sache gruͤnden ſoll, weil es
Geſchmacksurtheil iſt.
Da wir im letztern Falle kein Erkenntnisurtheil,
weder ein theoretiſches, welches den Begrif einer Na-
tur uͤberhaupt durch den Verſtand, noch ein (reines)
practiſches, welches die Jdee der Freyheit, als a priori
durch die Vernunft gegeben, zum Grunde legt, vor uns
haben und alſo weder ein Urtheil, welches vorſtellt, was
eine Sache iſt, noch daß ich, um ſie hervorzubringen,
etwas verrichten ſoll, nach ſeiner Guͤltigkeit a priori zu
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/196>, abgerufen am 20.11.2024.
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