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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.

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I. Th. Critik der ästhetischen Urtheilskraft.
in einem Lande, oder im Theoretischen: die Größe der
Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer gemachten Observa-
tion oder Messung u. d. gl.).

Hier ist nun merkwürdig: daß, wenn wir gleich am
Objecte gar kein Jnteresse haben, d. i. die Existenz des-
selben uns gleichgültig ist, doch die bloße Größe dessel-
ben, selbst wenn es als formlos betrachtet wird, ein
Wohlgefallen bey sich führen könne, das allgemein mit-
theilbar ist, mithin Bewußtseyn einer subjectiven Zweck-
mäßigkeit im Gebrauche unsrer Erkenntnisvermögen ent-
halte, aber nicht etwa ein Wohlgefallen am Objecte,
wie beym Schönen (weil es formlos seyn kann) wo die
reflectirende Urtheilskraft sich in Beziehung aufs Er-
kenntnis überhaupt zweckmäßig gestimmt findet, sondern
an der Erweiterung der Einbildungskraft an sich selbst.

Wenn wir (unter der obgenannten Einschränkung)
von einem Gegenstande schlechtweg sagen, er sey gros,
so ist dies kein mathematisch-bestimmendes, sondern ein
bloßes Reflexionsurtheil über die Vorstellung desselben,
die für einen gewissen Gebrauch unserer Erkenntniskräfte
in der Größenschätzung subjectiv zweckmäßig ist und mi[t]
verbinden alsdenn mit der Vorstellung jederzeit eine Art
von Achtung, so wie mit dem, was wir schlechtweg klein
nennen, eine Verachtung. Uebrigens geht die Beur-
theilung der Dinge als gros oder klein auf alles, selbst
auf alle Beschaffenheiten derselben; daher wir selbst die
Schönheit gros oder klein nennen, wovon der Grund

I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
in einem Lande, oder im Theoretiſchen: die Groͤße der
Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer gemachten Obſerva-
tion oder Meſſung u. d. gl.).

Hier iſt nun merkwuͤrdig: daß, wenn wir gleich am
Objecte gar kein Jntereſſe haben, d. i. die Exiſtenz deſ-
ſelben uns gleichguͤltig iſt, doch die bloße Groͤße deſſel-
ben, ſelbſt wenn es als formlos betrachtet wird, ein
Wohlgefallen bey ſich fuͤhren koͤnne, das allgemein mit-
theilbar iſt, mithin Bewußtſeyn einer ſubjectiven Zweck-
maͤßigkeit im Gebrauche unſrer Erkenntnisvermoͤgen ent-
halte, aber nicht etwa ein Wohlgefallen am Objecte,
wie beym Schoͤnen (weil es formlos ſeyn kann) wo die
reflectirende Urtheilskraft ſich in Beziehung aufs Er-
kenntnis uͤberhaupt zweckmaͤßig geſtimmt findet, ſondern
an der Erweiterung der Einbildungskraft an ſich ſelbſt.

Wenn wir (unter der obgenannten Einſchraͤnkung)
von einem Gegenſtande ſchlechtweg ſagen, er ſey gros,
ſo iſt dies kein mathematiſch-beſtimmendes, ſondern ein
bloßes Reflexionsurtheil uͤber die Vorſtellung deſſelben,
die fuͤr einen gewiſſen Gebrauch unſerer Erkenntniskraͤfte
in der Groͤßenſchaͤtzung ſubjectiv zweckmaͤßig iſt und mi[t]
verbinden alsdenn mit der Vorſtellung jederzeit eine Art
von Achtung, ſo wie mit dem, was wir ſchlechtweg klein
nennen, eine Verachtung. Uebrigens geht die Beur-
theilung der Dinge als gros oder klein auf alles, ſelbſt
auf alle Beſchaffenheiten derſelben; daher wir ſelbſt die
Schoͤnheit gros oder klein nennen, wovon der Grund

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[82/0146] I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft. in einem Lande, oder im Theoretiſchen: die Groͤße der Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer gemachten Obſerva- tion oder Meſſung u. d. gl.). Hier iſt nun merkwuͤrdig: daß, wenn wir gleich am Objecte gar kein Jntereſſe haben, d. i. die Exiſtenz deſ- ſelben uns gleichguͤltig iſt, doch die bloße Groͤße deſſel- ben, ſelbſt wenn es als formlos betrachtet wird, ein Wohlgefallen bey ſich fuͤhren koͤnne, das allgemein mit- theilbar iſt, mithin Bewußtſeyn einer ſubjectiven Zweck- maͤßigkeit im Gebrauche unſrer Erkenntnisvermoͤgen ent- halte, aber nicht etwa ein Wohlgefallen am Objecte, wie beym Schoͤnen (weil es formlos ſeyn kann) wo die reflectirende Urtheilskraft ſich in Beziehung aufs Er- kenntnis uͤberhaupt zweckmaͤßig geſtimmt findet, ſondern an der Erweiterung der Einbildungskraft an ſich ſelbſt. Wenn wir (unter der obgenannten Einſchraͤnkung) von einem Gegenſtande ſchlechtweg ſagen, er ſey gros, ſo iſt dies kein mathematiſch-beſtimmendes, ſondern ein bloßes Reflexionsurtheil uͤber die Vorſtellung deſſelben, die fuͤr einen gewiſſen Gebrauch unſerer Erkenntniskraͤfte in der Groͤßenſchaͤtzung ſubjectiv zweckmaͤßig iſt und mit verbinden alsdenn mit der Vorſtellung jederzeit eine Art von Achtung, ſo wie mit dem, was wir ſchlechtweg klein nennen, eine Verachtung. Uebrigens geht die Beur- theilung der Dinge als gros oder klein auf alles, ſelbſt auf alle Beſchaffenheiten derſelben; daher wir ſelbſt die Schoͤnheit gros oder klein nennen, wovon der Grund

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/146>, abgerufen am 05.12.2024.